Unsolidarisch
Der Siegeszug der Klimaanlage ist wohl auch in unseren Breitengraden nicht mehr aufzuhalten. Jede hartnäckige Hitzewelle überzeugt weitere Mitmenschen von den angeblichen Meriten der energiefressenden Kühlung. Und tatsächlich ist ertragsorientierte Arbeit in den wärmsten Stunden des Tages ohne Senkung der Innentemperatur nur schwer möglich.
Für die Ursachenbekämpfung der zunehmenden Schweißtreiberei ist das jedoch eine schlechte Nachricht: Klimaanlagen und Kühlgeräte fressen Energie, deren Erzeugung vielfach immer noch den Ausstoß von CO erhöht.
Damit verstärken die smarten Geräte zum Wohle Einzelner das Problem der Klimaerwärmung, vor dem die Gesellschaft als Ganzes steht: ein Umstand, der die Verwendung der Kühlung zu einem Symptom des Lebens in der modernen, unsolidarischen Ego-Gesellschaft macht.
Deren dunkle Seiten kennt jeder, der je bei 35 Grad zu Fuß am Klimaanlagenfilter eines größeren Geschäftslokals, Betriebs oder Beisels vorbeikam: Die ausgestoßene heiße Luft, Gegenpart der Kühle im Inneren des Gebäudes, raubt Passanten zusätzlich den Atem. Das treibt die Temperaturen der Städte weiter in die Höhe.
Und wer während einer Hitzeperiode abends in der Hoffnung auf Frischluft das Fenster seines Schlafzimmers öffnet und das nervtötende Brummen des Klimageräts eines Nachbarn vernimmt, entwickelt moderne Gefühle: Frust in Zeiten des Klimawandels.