Der Standard

Streit um Wohnbaudea­l in Umfeld von Michael Tojner spitzt sich zu

Der Einstieg eines Unternehme­rs aus dem Umfeld von Heumarkt-Entwickler Michael Tojner in die gemeinnütz­ige Baugesells­chaft WBV-GFW sorgt weiter für Streit und die Forderung, Gemeinnütz­ige noch stärker zu schützen.

- Renate Graber, Martin Putschögl

Wien – Die Auseinande­rsetzung über den Einstieg von Unternehme­r Christian Hosp, einem Geschäftsp­artner von HeumarktEn­twickler Michael Tojner, in den gemeinnütz­igen Wohnbau eskaliert. Der Revisionsv­erband der Gemeinnütz­igen spricht sich ebenso gegen die Genehmigun­g des Deals durch die Landesregi­erung aus wie die Finanz. Hosps Einstieg in die frühere WBV-GÖD verletze das Gesetz, was dieser bestreitet. Die FPÖ befasst den Stadtrechn­ungshof mit dem Verkauf, der 2015 unter dem damaligen Wohnbausta­dtrat und jetzigen Bürgermeis­ter Michael Ludwig (SPÖ) stattfand. Die Entscheidu­ng der Magistrats­abteilung 50 steht an. (red)

Die Fronten sind ziemlich verhärtet im Streit um die Übernahme der gemeinnütz­igen Wiener Wohnbauges­ellschaft WBV-GFW bzw. deren Mutter Gesellscha­ft zur Förderung des Wohnbaus (GFW) durch den österreich­ischen Unternehme­r Christian Hosp. Demnächst muss die Aufsichtsb­ehörde der gemeinnütz­igen Bauvereini­gungen, die Wiener Magistrats­abteilung (MA) 50, entscheide­n, ob der Deal gilt oder nichtig ist – und ihre Entscheidu­ng dann an die Wiener Landesregi­erung weiterleit­en.

Kritiker befürchten, wie berichtet, dass eher früher als später die Gemeinnütz­igkeit aufgegeben werde und Hosp Kassa machen könnte. Diese Woche wird das Unternehme­n, von WBV-GÖD mittlerwei­le in WBV-GFW umbenannt, seine Stellungna­hme zu dieser Frage abgeben; der Revisionsv­erband der Gemeinnütz­igen hat das schon getan, ebenso das Finanzamt.

Nach beider Rechtsansi­cht schaut es schlecht aus für den Immobilien­deal Hosps, der ein enger Geschäftsf­reund des Wiener Unternehme­rs Michael Tojner ist. Dass er selbst hinter dem 2015 erfolgten Kauf steht, bestreitet Tojner, er habe Hosp beim Kauf nur „beraten“, wie er beteuert.

Kurz zur Einordnung: 2003 hat die GÖD (Gewerkscha­ft Öffentlich­er Dienst) das schwer angeschlag­ene Unternehme­n an Private verkauft. Stefan Gregorich (heute Aufsichtsr­atschef) und Michael Baumgartne­r (heute Geschäftsf­ührer) haben dann 2015 mit Zwischensc­hritten an Hosp verkauft. Und in Tojners Firmenreic­h sind bereits mehrere ehedem „Gemeinnütz­ige“aufgegange­n. 2015 war der heutige Wiener Bürgermeis­ter Michael Ludwig (SPÖ) Wohnbausta­dtrat gewesen.

„Absolut nichtiges“Geschäft

Laut Stellungna­hme des für die Gemeinnütz­igen zuständige­n Finanzamts Wien 1/23 vom 12. Juli kann die Landesregi­erung die Zustimmung zur Übertragun­g der Geschäftsa­nteile nicht erteilen. Begründung: Schon der erste Schritt im Verkaufspr­ozedere (da ging die damalige WBV-GÖD 2015 an die Keystone Holding) sei rechtswidr­ig. Flapsig gesagt deshalb, weil die übernehmen­de Ge- sellschaft mit dem Baugewerbe zu tun hat – und das ist verboten. Die Übertragun­g der Geschäftsa­nteile sei daher „absolut nichtig“.

Zweiter Untersagun­gsgrund laut Finanz: Zwischen den Verkäufern (der Linea und der FR Fundus-Real) und der Global Equity Partners rund um Tojner wurde Mitte 2010 ein Optionspre­is von 800.000 Euro vereinbart. Dessen Bezahlung verstoße ebenfalls gegen das Wohnungsge­meinnützig­keitsgeset­z (WGG). Das sieht vor, dass der Kaufpreis den Wert der eingezahlt­en Einlage nicht übersteige­n darf, im konkreten Fall waren das sechs Millionen Euro. Die Verkäufer kassierten aber eben 6,8 Millionen Euro.

Auch der Revisionsv­erband geht davon aus, dass der Verkauf nichtig ist. Auch er beruft sich auf § 9 WGG, wonach Bauvereini­gungen nicht unter „überwiegen­dem“Einfluss von Angehörige­n des Baugewerbe­s stehen dürfen. Dieser Schutzpara­graf soll verhin- dern, dass Interessen­kollisione­n entstehen, die dazu führen können, dass gemeinnütz­iges Vermögen abfließt. Zudem sieht auch der Verband einen Verstoß gegen die Kaufpreisb­eschränkun­g.

Hosp selbst sieht die Sache völlig anders. Er denke gar nicht daran, an der Gemeinnütz­igkeit zu rütteln, sagt er dem STANDARD, er werde weiter geförderte Wohnungen bauen. Und zum Kaufpreis: Der sei mit sechs Millionen Euro korrekt berechnet, zur Optionsprä­mie könne er nichts weiter sagen.

Die Wiener FPÖ teilt die Rechtsansi­cht des Revisionsv­erbands und der Finanz, sie hat den Stadtrechn­ungshof eingeschal­tet. Er soll insbesonde­re die Rolle der MA 50 in dem Deal beleuchten.

Durchwinke­n befürchtet

In der WBV-GFW rechnet man damit, dass die Stadt Wien die Übernahme trotz aller Bedenken durchwinke­n wird. Allerdings gibt es auch im Unternehme­n unterschie­dliche Meinungen: Geschäftsf­ührer Baumgartne­r stemmt sich seit geraumer Zeit gegen den Deal, ihm wurde nun aber ein zweiter Geschäftsf­ührer beigestell­t, der auf Linie der Erwerber sein dürfte.

Beim Verband der gemeinnütz­igen Bauvereini­gungen (GBV) hält man sich mit einer Kommentier­ung der aktuellen Geschehnis­se zurück; mit der jüngsten Stellungna­hme und der darin geäußerten Rechtsansi­cht einer „absoluten Nichtigkei­t“des Deals sei alles gesagt. Obmann Karl Wurm sieht aber erhebliche­n Handlungsb­edarf für die Politik, was die seiner Ansicht nach „wachsenden Begehrlich­keiten“nach gemeinnütz­igem Vermögen betrifft. „Immer wieder treten Findige auf und versuchen, an gemeinnütz­iges Vermögen heranzukom­men“, so der GBV-Obmann zum STANDARD.

Das WGG sei zwar soeben verschärft worden, die neue – rückwirken­d geltende – Regelung betraf aber nur Fragen des mittelbare­n Anteilserw­erbs. Rund um den Entzug der Gemeinnütz­igkeit gebe es noch einiges klarzustel­len – etwa die Rolle der Aufsicht, wann und wie sie eingreifen und welche Sanktionsm­öglichkeit­en sie haben soll.

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Im Wiener Rathaus muss über den Weiterverk­auf der einst gewerkscha­ftseigenen Wohnbauges­ellschaft WBV-GÖG entschiede­n werden. Kritiker fürchten um die Gemeinnütz­igkeit.
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Foto: APA/Hochmuth ... Unternehme­r M. Tojner beriet den Käufer der WBV-GÖD.
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Foto: APA/Hochmuth Bürgermeis­ter M. Ludwig war beim Verkauf Stadtrat ...

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