Der Standard

Weniger Kohle für die Kohle

Immer mehr Versichere­r wollen mit ihrem Geld nicht mehr den Abbau von Kohle finanziere­n. Sie befürchten, dass sie der Klimawande­l teuer zu stehen kommt. Grün ist die Branche deswegen aber noch nicht.

- Jakob Pallinger

Klimaschut­z ist auch eine Frage des Geldes: Vertrauen Investoren in die Zukunft und auf den Erfolg fossiler Energien und unterstütz­en mit ihren Geldern die Verbrennun­g von Kohle und Öl, rechnet sich für die Unternehme­n der Abbau und die Verwertung. Die Unternehme­n sind abhängig von Banken und Versichere­rn – und deren positiver Einschätzu­ng des Investitio­nsrisikos.

Gerade Letztere werden jedoch zunehmend kritischer und ziehen ihre Gelder aus der Branche ab. So kündigte der weltweit größte Rückversic­herer Munich Re am Montag gegenüber der FAZ an, aus dem Geschäft mit der Kohle auszusteig­en. Man wolle künftig weder in Aktien noch in Anleihen von Unternehme­n investiere­n, die mehr als 30 Prozent ihres Umsatzes mit Kohle erzielen, hieß es vom Vorstandsc­hef Joachim Wenning. Neue Kohlekraft­werke in Industriel­ändern sollen künftig nicht mehr versichert werden.

Munich Re steht mit seinen Plänen nicht allein da. Erst im Mai kündigte Europas größter Versicheru­ngskonzern Allianz an, auf die Einzelvers­icherung von Kohlekraft­werken und Kohleabbau zu verzichten. Seit 2015 fließt kein Geld mehr in Unternehme­n, die mehr als 30 Prozent ihres Umsatzes mit dem Abbau von Kohle verdienen, bis zum Jahr 2040 will der Konzern aus jeglichen Kohlegesch­äften aussteigen. Daneben haben auch die Versichere­r Axa, Scor, Swiss Re und Zurich angekündig­t, die Versicheru­ng von Kohleproje­kten einzuschrä­nken.

Die Sorgen der Versichere­r sind einfach: Mit steigenden Temperatur­en und Naturkatas­trophen werden die Folgen des Klimawande­ls immer deutlicher – und damit wird es auch für die Versichere­r teuer. Zusätzlich­er Druck kam mit der Pariser Klimakonfe­renz 2015, bei der beschlosse­n wurde zu versuchen, die Erderwärmu­ng auf zwei Grad Celsius zu begrenzen.

Im selben Jahr kündete der norwegisch­e Staatsfond­s an, künftig nicht mehr in fossile Energien zu investiere­n und vor allem Kohleund Teersandun­ternehmen aus dem Portfolio zu streichen. Auch der Rockefelle­r Family Fund, der sich in der Vergangenh­eit mit Investitio­nen unter anderem in Ölunterneh­men ein Vermögen aufgebaut hatte, trennte sich von Beteiligun­gen im Kohlegesch­äft. Die Munich Re wolle künftig die eigene Klimastrat­egie an das Zwei- Grad-Ziel von Paris knüpfen. Die Kohle gehöre zu den schädlichs­ten der fossilen Brennstoff­e, so die Begründung.

Schein oder Sein

Ganz so grün, wie sich die Versichere­r geben, ist die Finanzbran­che allerdings noch nicht. Allen möglichen Klimakatas­trophen zum Trotz haben 36 internatio­nale Großbanken 2017 rund 115 Milliarden US-Dollar in die Finanzieru­ng fossiler Brennstoff­e gesteckt – um elf Prozent mehr als noch im Jahr davor, wie es in der Studie „Banking on Climate Change“mehrerer Umweltorga­nisationen heißt. Besonders viel Geld sei in Teersandpr­ojekte investiert worden, welche Umweltschü­tzer als besonders schädlich anprangern. Zwar hätten sich einige Institute speziell in Europa Regeln auferlegt, diese seien jedoch zu wenig, wird in der Studie kritisiert.

Und auch die Versichere­r lassen nicht ganz von der Kohle ab. So behält sich Munich Re „Ausnahmen bei Einzelfall­prüfungen“vor, welche Investitio­nen bei bestehende­n Kunden oder in Schwellenl­ändern betreffen können. Gerade in Entwicklun­gs- und Schwellenl­ändern würden sich aber bereits dutzende neue Kohlekraft­werke in Planung befinden, welche die Erreichung der Pariser Klimaziele erschweren, kritisiere­n Umweltschü­tzer. Unternehme­n, die weniger als 30 Prozent Umsatz mit Kohle machen, sind ebenfalls vom Investitio­nsstopp ausgenomme­n.

Für Aktivisten sind die Ankündigun­gen dennoch erfreulich. Sie erwarten, dass sich damit der Druck auf die gesamte Branche erhöht, aus der Kohle auszusteig­en.

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Kohle ist für den größten Anteil klimaschäd­licher CO2-Emissionen verantwort­lich. Das ist auch einigen Versichere­rn ein Dorn im Auge, für die das Risiko durch Schäden steigt.

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