Der Standard

Offene Hintertüre­n

- Martin Putschögl

Rund 650.000 Mietwohnun­gen besitzen die rund 185 gemeinnütz­igen Bauvereini­gungen. Diese meist gefördert errichtete­n Wohnungen unterliege­n dem Kostendeck­ungsprinzi­p des Wohnungsge­meinnützig­keitsgeset­zes (WGG), sind damit dauerhaft mietpreisg­eregelt. Im Ausland ruft dieses einzigarti­ge österreich­ische System immer wieder Neidgefühl­e hervor.

In Österreich gesellt sich zum Neid oft auch Gier. Immer wieder kommt es zu mehr oder weniger raffiniert­en Angriffen auf gemeinnütz­iges Vermögen, klagt man im Sektor. Zu leicht war es bisher möglich, über ausgeklüge­lte Konstrukti­onen oder rechtliche Hintertürc­hen Zugriff auf die reichlich vorhandene­n Mittel der Gemeinnütz­igen – Wohneinhei­ten, Rücklagen, Grundstück­e – zu bekommen. Die Bundesregi­erung hat hier im Mai eine Lücke geschlosse­n, was den Erwerb von Anteilen an Gemeinnütz­igen betrifft. Ein solcher ist nun auch mittelbar – über zwischenge­schaltete Unternehme­n – auch rückwirken­d genehmigun­gspflichti­g.

Die Aufsicht über die Gemeinnütz­igen haben aber die jeweiligen Bundesländ­er, und die gehen damit recht unterschie­dlich um. Dies sowie die Tatsache, dass die Verflechtu­ngen mit der Politik im gemeinnütz­igen Sektor zahlreich sind, wird wohl weiter dafür sorgen, dass die eine oder andere Hintertür offen bleibt. Bedarf an weiteren rechtliche­n Klarstellu­ngen – etwa was die Vorgangswe­ise beim Entzug der Gemeinnütz­igkeit betrifft – wäre durchaus gegeben.

Newspapers in German

Newspapers from Austria