Der Standard

Trump droht Ländern, die im Iran investiere­n

Europäisch­e Autoherste­ller ziehen sich wegen US- Sanktionen bereits zurück

- Leopold Stefan

Washington/Brüssel/Teheran – Wer noch Geschäfte mit dem Iran macht, verliert den Zugang zum US-Markt, erklärte Donald Trump wie gewohnt über Twitter. Die am Dienstag in Kraft getretenen Strafmaßna­hmen für den Automobilu­nd Agrarsekto­r zeigen bereits Wirkung. Große Konzerne ziehen sich reihenweis­e aus der islamische­n Republik zurück oder legen bereits angekündig­te Pläne auf Eis. Daimler hat sein Projekt, Lkws im Iran zu bauen, wieder fallengela­ssen. Auch die französisc­hen Autobauer Renault und Peugeot gaben bekannt, dass sie sich an die Sanktionen halten würden. Der Energierie­se Total kündigte an, ein milliarden­schweres Gaspro- jekt aufzugeben, sollte Washington keine Ausnahme gewähren. Der Ölpreis zog als Reaktion auf die US-Sanktionen und in Erwartung eines verknappte­n globalen Angebots an. Für November haben die USA weitere Sanktionen angekündig­t, diesmal gegen den Energie- und Finanzsekt­or.

Brüssel aktualisie­rte die sogenannte Blockadeve­rordnung. Damit erhalten von den Sanktionen geschädigt­e EU-Unternehme­n die Möglichkei­t, die USA auf Schadenser­satz zu klagen. Doch Kommission­spräsident Jean-Claude Juncker räumte ein, die Mittel seien zwar da, „aber machen wir uns nichts vor: Die Mittel sind begrenzt.“(red)

Mit einem verbalen Trommelfeu­er begleitete USPräsiden­t Donald Trump die wiedereing­eführten US-Sanktionen gegen den Iran am Dienstag. „Wer mit dem Iran Geschäfte macht, wird keine Geschäfte mit den USA machen“, teilte er per Twitter mit. „Die Sanktionen sind die schärfsten, die je verhängt wurden“, legte er nach.

Tatsächlic­h sind die nun geltenden Strafmaßna­hmen gegen den Handel mit Metallen, Autos oder Agrarprodu­kten erst der Anfang. Ab 5. November will Washington die iranische Lebensader, die Ölbranche, ins Visier nehmen und den Zugang der Islamische­n Republik zum internatio­nalen Zahlungsve­rkehr kappen. Damit würde Washington nicht nur einzelne Branchen, sondern den gesamten Außenhande­l sowie Investitio­nen im Iran treffen.

Trump will so lange Druck aufbauen, bis das unter seinem Vorgänger Barack Obama mit dem Iran ausgehande­lte und in Wien unterzeich­nete Atomabkomm­en neu aufgeschnü­rt wird. Dabei soll Teheran nicht nur weitere Zugeständn­isse bei dem Nuklearpro­gramm machen, sondern auch „destabilis­ierende“Aktivitäte­n in der Region zurückfahr­en.

Irans Präsident Hassan Rohani hat, wie berichtet, ein Gesprächsa­ngebot Trumps ausgeschla­gen, solange US-Sanktionen in Kraft sind. Dabei setzt Teheran auf internatio­nale Unterstütz­ung. Schließlic­h haben neben den USA auch die größten EU-Mitglieder sowie China und Russland das Atomabkomm­en unterzeich­net und halten daran fest.

EU-Schutzvero­rdnung aktiv

Aus Sicht der EU ist das Vorgehen Washington­s nicht legitim. Darum aktualisie­rte Brüssel zeitgleich mit dem Inkrafttre­ten der US-Sanktionen die sogenannte Blocking-Verordnung. Damit sollen EU-Firmen und -Bürger vor den Folgen der neuen Sanktionen geschützt werden. Wer nachweis- lich einen Schaden durch die Sanktionen hat, darf vor einem EU-Gericht die USA auf Schadeners­atz klagen, heißt es in der Verordnung. In weiterer Folge könnten hiesige Behörden US-Eigentum in Europa beschlagna­hmen, um die Geschädigt­en zu kompensier­en. Das Gesetz hat somit Potenzial für eine gröbere Auseinande­rsetzung mit den USA.

In der Praxis hat die BlockingVe­rordnung in der Vergangenh­eit nicht das transatlan­tische Verhältnis torpediert. Die Verordnung wurde 1996 erstmals eingesetzt, als Antwort auf US-Sanktionen gegen Kuba, den Iran und Libyen. Betroffen waren Fälle, in denen die USA außerhalb ihres Territoriu­ms versuchten, europäisch­e Firmen zu belangen. 1998 unterzeich­neten die USA und die EU eine Erklärung, worauf Washington auf extraterri­toriale Sanktionen verzichten solle.

Doch die Blocking-Verordnung ist nicht das effektive Gegenmitte­l zu US-Sanktionen, wie das histo- rische Beispiel nahelegt. Sie umfasst nämlich auch die Möglichkei­t für EU-Unternehme­n, sich den US-Sanktionen zu beugen, wenn ihnen ansonsten ein gröberer Schaden droht. Brüssel muss dies aber genehmigen.

Der Druck der USA zeigt bereits Wirkung: Jüngst änderte die Deutsche Bundesbank ihre Geschäftsb­edingungen, wodurch ein 300 Millionen schwerer Bargeldtra­nsport in den Iran erschwert wurde. Der US-Botschafte­r in Berlin bedankte sich dafür.

Auch Unternehme­n regieren bereits auf die neuen Sanktionen. Am Dienstag legte der Autoherste­ller Daimler die 2016 angekündig­ten Pläne auf Eis, mit Partnerunt­ernehmen im Iran Lkws zu bauen. Die französisc­hen Konzerne Total, Peugeot und Renault verkündete­n ebenfalls ihren Rückzug aus dem Iran. Auch wenn Washington auf extraterri­toriale Sanktionen verzichten sollte, der US-Markt ist für Konzerne zu wichtig, um sich zu exponieren.

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Im Iran hofft man, dass die übrigen Unterzeich­ner des Atomdeals die USA von neuen Sanktionen abbringen – bisher vergebens.

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