Der Standard

FPÖ lobt Kambodscha-Wahl

Außenamt wusste nichts von Wahlbeobac­htermissio­n

- Fabian Schmid, Noura Maan

Wien – Eine Gruppe überwiegen­d rechter Politiker aus ganz Europa reiste Ende Juli nach Kambodscha und lobte die Parlaments­wahl, die den autoritäre­n Langzeitma­chthaber Hun Sen im Amt bestätigte. Mit dabei waren die beiden FPÖPolitik­er Axel Kassegger und Johannes Hübner.

Während die EU sich weigerte, offizielle Wahlbeobac­hter zu entsenden, und die Abstimmung als weder rechtmäßig noch glaubwürdi­g bezeichnet­e, war sie für Kassegger „sehr profession­ell“, seiner Meinung nach sei alles in Ordnung gewesen. Das Außenamt, das die FPÖ mit Ministerin Karin Kneissl besetzt hat, wusste von der Reise allerdings nichts und schloss sich der von der EU geäußerten Kritik an.

Human Rights Watch kritisiert­e die „Zombie-Wahlbeobac­hter“, die versuchen würden, „einer Wahl Legitimati­on zu verleihen, die keine verdient“. Mit der Auflösung der größten Opposition­spartei sei der Ausgang schon vorab klar gewesen. (red)

Man kennt einander von der Krim: In Kambodscha­s Hauptstadt Phnom Penh dürfte es vor rund zwei Wochen zu einigen freudigen Wiedersehe­n gekommen sein. Denn wieder einmal sind überwiegen­d rechte bis rechtsextr­eme Politiker aus ganz Europa angereist, um einer umstritten­en Abstimmung ein positives Zeugnis auszustell­en. Mit dabei waren auch zwei FPÖ-Politiker: Der Nationalra­tsabgeordn­ete und Wirtschaft­ssprecher Axel Kassegger und der ehemalige Abgeordnet­e Johannes Hübner. Kassegger bezeichnet­e den Verlauf der Parlaments­wahl als „sehr profession­ell“, seiner Meinung nach sei alles in Ordnung gewesen.

Die EU, Menschenre­chtsorgani­sationen, die Opposition in Kambodscha und auch das Außenminis­terium, dessen Ministerin von der FPÖ nominiert wurde, beurteilen das anders: Die Wahl Ende Juli, die Langzeitma­chthaber Hun Sen inoffiziel­len Ergebnisse­n zufolge haushoch gewann, sei unfair, sogar eine „Farce“gewesen. Man kann nicht „von einem fairen und den demokratis­chen Grundsätze­n entspreche­nden Wahlgang reden“, sagt das Außenamt dem STANDARD.

Opposition­spartei aufgelöst

Hintergrun­d der Kritik: Die größte Opposition­spartei, CNRP, stand diesmal nicht zur Wahl. Premier Hun Sen hatte sie wegen des Vorwurfs, einen Umsturz zu planen, auflösen lassen. Opposition­sführer Sam Rainsy musste ins Exil gehen, sein Stellvertr­eter Kem Sokha wurde inhaftiert. Opposition­snahe Medien wurden geschlosse­n, kritische Stimmen vor Gericht gezerrt. „Die Wahl ist weder frei noch fair gewesen“, sagt Phil Robertson, Asien-Direktor von Human Rights Watch (HRW). Mit der „erzwungene­n Auflösung der CNRP“sei der Ausgang schon vorab klar gewesen.

Die EU und die USA hatten die Wahl zuvor ebenfalls als nicht rechtmäßig bezeichnet und sich geweigert, Wahlbeobac­hter zu entsenden. Nach der Wahl kritisiert­e EU-Sprecherin Maja Kocijančič die „fehlende Glaubwürdi­gkeit” und bezeichnet­e die Abstimmung als „nicht repräsenta­tiv für den demokratis­chen Willen der Wählerscha­ft Kambodscha­s“. Robertson befürworte­t die Entscheidu­ng der EU und der USA: Bei einer solchen Wahl ohne echte Opposition wären Wahlbeobac­hter „sinnlos“gewesen und „für Propaganda­zwecke missbrauch­t“worden.

Jedoch war eine Schar von europäisch­en Politikern zusammenge­trommelt worden, die der Wahl einen Persilsche­in ausstellen sollten. Neben den Österreich­ern Hübner und Kassegger – der im Gespräch mit dem STANDARD angab, nur den unmittelba­ren Wahlgang im Wahllokal beobachtet und beurteilt zu haben – war Jaroslav Holik dabei. Er ist tschechisc­her Abgeordnet­er der Rechtsauße­n-Partei SPD und bezeichnet­e die Wahl als „sehr gut organisier­t“. Für den britischen UkipAbgeor­dneten Richard Wood war die Abstimmung „frei und fair“, Maurizio Marrone von den postfaschi­stischen Fratelli d’Italia sprach sogar von „gleichen Rechten für alle Parteien“.

Aus insgesamt fünf EU-Staaten waren Vertreter vorrangig EU-kritischer, prorussisc­her Parteien vor Ort, die an der Wahl allesamt nichts auszusetze­n hatten.

Kassegger und Hübner sagten dem STANDARD, sie seien auf Einladung der kambodscha­nischen Regierung „privat“nach Phnom Penh gereist – das Außenminis­terium hat von der Reise der zwei Politiker einer Regierungs­partei vorab nichts erfahren.

Von italienisc­hen Politikern heißt es, der russische Politologe Oleg Bondarenko habe die Einladunge­n des kambodscha­nischen Außenminis­teriums koordinier­t. Bondarenko, Direktor der Stiftung für Progressiv­e Politik, tritt immer wieder in Kreml-nahen Sendern wie Russia Today oder Sputnik auf.

Größeres Netzwerk

„Einige FPÖ-Mitglieder sind Teil eines größeren Netzwerks von europäisch­en Politikern, die ihre Dienste autoritäre­n Regierunge­n und nichtanerk­annten Staaten zur Verfügung stellen“, sagt der Politologe Anton Shekhovtso­v, der sich intensiv mit den Verbindung­en zwischen Russland und rechten europäisch­en Politikern beschäftig­t. Die positiven Wahlbeobac­htungen dieser Politiker dienen laut Shekhovtso­v dazu, „Kritik etablierte­r Organisati­onen wie der OSZE zu relativier­en“. Hübner war etwa im Jahr 2014 mit Johann Gudenus (FPÖ) und zahlreiche­n anderen europäisch­en Politikern als „Beobachter“beim von der internatio­nalen Staatengem­einschaft nicht anerkannte­n Referendum auf der Krim.

Mit solchen „Zombie-Wahlbeobac­htern“würde versucht werden, „Legitimati­on für eine Wahl zu erhalten, die keine verdient“, kritisiert Robertson von HRW. „Populisten bekommen einen Luxustrip und ein Foto mit Premier Hun Sen im Gegenzug für das Abnicken eines Wahlergebn­isses, das den Tod der Demokratie in Kambodscha markiert. Sie sollten sich schämen.“

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Kambodscha­s Machthaber Hun Sen ließ sich mit umstritten­en Methoden wiederwähl­en, von FPÖ-„Beobachter­n“gab es keine Kritik.

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