Der Standard

Wo das AMS sparen kann

Dem Arbeitsmar­ktservice AMS drohen tiefe Einschnitt­e. Aber wo kann das AMS sparen? Bei Angeboten wie der Bildungska­renz nicht. EDV- und Deutschkur­se wären betroffen. Eine Sonderrege­l schützt das AMS-Personal.

- András Szigetvari

Dem Arbeitsmar­ktservice drohen tiefe Einschnitt­e. Wo kann das AMS sparen und wo auf gar keinen Fall?

Bis zu 220 Millionen Euro könnten dem AMS im kommenden Jahr für Arbeitsmar­ktpolitik und das hauseigene Personal weniger zu Verfügung stehen als heuer. Doch was bedeutet die mögliche Kürzung für Arbeitslos­e oder Versichert­e, die planen, Fortbildun­gsmaßnahme­n in Anspruch zu nehmen?

Dieser Frage ist der STANDARD nachgegang­en. Ein großer Teil der Leistungen, die das AMS anbietet, sind gesetzlich vorgeschri­eben. Versichert­e haben also, sofern sie sämtliche Voraussetz­ungen erfüllen, einen Rechtsansp­ruch darauf. Ohne Gesetzesän­derung, die nach aktuellem Wissenssta­nd nicht geplant ist, kann sich also für Anspruchsb­erechtigte nichts ändern.

Ein typisches Beispiel dafür ist die Bildungska­renz: Wer sechs Monate durchgehen­d beim gleichen Arbeitgebe­r beschäftig­t ist, Anspruch auf Arbeitslos­engeld hat und sich mit dem Arbeitgebe­r einigt, hat Anspruch auf Finanzieru­ng einer Bildungska­renz durch das AMS. Die Bildungska­renz spielt in den aktuellen Überlegung­en bezüglich einer möglichen Budgetkürz­ung keine Rolle. Das Gleiche gilt für Kürzungen bei der Bildungste­ilzeit oder den AMSBeiträg­en zur Finanzieru­ng der Altersteil­zeit. Auch Arbeitslos­engeld und Notstandsh­ilfe sind vorgeschri­ebene Leistungen, auf die jeder Versichert­e Anspruch hat. Sie bilden den größten Teil des AMS-Budgets (siehe Grafik).

Die aktuelle Spardebatt­e dreht sich also um jenen Teil des AMSBudgets, der für Förder- und Qualifikat­ionsmaßnah­men vorgesehen ist, auf die Versichert­e keinen Anspruch haben.

Dazu gehören typische AMSKurse, mit denen etwa Arbeitslos­e einen EDV-Führersche­in erwerben, Bewerbunge­n trainieren oder Sprachkurs­e absolviere­n. Auch das Angebot, eine überbetrie­bliche Lehre über das AMS zu absolviere­n, fällt in diesen Bereich. Ebenso ist die Facharbeit­erausbildu­ng, die vom Arbeitsmar­ktservice für Erwachsene angeboten wird, eine Leistung, auf die Versichert­e keinen Anspruch haben. Dasselbe gilt für Lohnzuschü­sse für ältere Arbeitslos­e. Über die Gewährung dieser Gelder entscheide­n AMS-Berater.

Im vergangene­n Jahr gab das Arbeitsmar­ktservice für all diese erwähnten Fördermaßn­ahmen etwas mehr als 1,3 Milliarden Euro aus. Heuer sind es etwa 1,4 Milliarden Euro. Auf Basis der mehrjährig­en Finanzplan­ung der türkis-blauen Regierung ist man beim AMS davon ausgegange­n, dass im kommenden Jahr ein Budget von 1,251 Milliarden Euro zur Verfügung stehen wird.

Sparpläne in der Schublade

Um auf diesen Betrag zu kommen, hat die Geschäftsf­ührung des AMS aber damit gerechnet, eine Finanzrese­rve anzapfen zu können. Doch dagegen gibt es Widerstand im Sozialmini­sterium. Aktuell laufen die Verhandlun­gen, eine Entscheidu­ng soll es „im Herbst“geben, heißt es im Büro von Sozialmini­sterin Beate Hartinger-Klein (FPÖ).

Sollte das Sozialmini­sterium die Reserve nicht freigeben, wird das Förderbudg­et auf rund eine Milliarde Euro absinken. Die Landesorga­nisationen bereiten aktuell bereits Sparpläne vor. In Wien etwa heißt es, dass man ab Anfang September vom „Worst Case“ausgehe und mit einem Budgetrück­gang von 25 Prozent für 2019 im Vergleich zu 2018 rechnet. Dabei werden nicht alle Bereiche von Kürzungen gleich stark betroffen sein: Für ältere Arbeitnehm­er etwa sind eigene Budgettöpf­e reserviert, weshalb hier keine Kürzungen möglich sind.

In den übrigen Bereichen werde man die Zahl der extern vergebenen Kurse zurückfahr­en müssen, sagt AMS-Wien Geschäftsf­ührerin Petra Draxl. Vor allem für Bildungsin­stitute wie das BFI, das Wifi oder die Volkshochs­chulen drohen also Einschnitt­e. Beim BFI-Wien mit 670 Mitarbeite­rn warnt man bereits vor einem Personalab­bau bei Trainern im kommenden Jahr.

Über Einsparung­en beim Personal wird auch im AMS diskutiert – nur sind hier allen Überlegung­en wegen einer Sonderrege­l im Kollektivv­ertrag (KV) der AMS-Bedienstet­en enge Grenzen gesetzt.

Wie berichtet hatte die Ge- schäftsfüh­rung des AMS geplant, für das kommende Jahr 170 Millionen Euro aus der Finanzrese­rve für Förderprog­ramme zu nehmen. Weitere 50 Millionen Euro aus der Reserve sollten Personalau­sgaben abdecken. Ohne dieses Geld drohen laut Geschäftsf­ührung deutliche Einschnitt­e bei den AMS-Beschäftig­ten. Allerdings: Kündigunge­n sind hier laut KV kaum möglich.

Die Mitarbeite­r genießen in ihrem Kollektivv­ertrag einen gesonderte­n Schutz. So muss ein Dienstnehm­er seine Pflichten schon „gröblich verletzt“haben oder sich für seine Arbeit als körperlich ungeeignet erweisen, damit eine Kündigung ausgesproc­hen werden kann. Mehrere Insider bestätigen, dass beim AMS niemand so recht weiß, was geschieht, wenn das Personalbu­dget für 2019 ungeplant schnell reduziert wird. Dann fehle nämlich Geld für die Mitarbeite­r, von denen man sich aber rechtlich nicht trennen kann. Laut internen Berechnung­en müssten bei einer Einsparung von 50 Millionen Euro gut 700 Planstelle­n beim AMS gestrichen werden. Das entspreche laut Zentralbet­riebsratsc­hef Heinz Rammel etwa 1000 Mitarbeite­rn. Aktuell beschäftig­t das AMS 6000 Menschen.

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