Wo das AMS sparen kann
Dem Arbeitsmarktservice AMS drohen tiefe Einschnitte. Aber wo kann das AMS sparen? Bei Angeboten wie der Bildungskarenz nicht. EDV- und Deutschkurse wären betroffen. Eine Sonderregel schützt das AMS-Personal.
Dem Arbeitsmarktservice drohen tiefe Einschnitte. Wo kann das AMS sparen und wo auf gar keinen Fall?
Bis zu 220 Millionen Euro könnten dem AMS im kommenden Jahr für Arbeitsmarktpolitik und das hauseigene Personal weniger zu Verfügung stehen als heuer. Doch was bedeutet die mögliche Kürzung für Arbeitslose oder Versicherte, die planen, Fortbildungsmaßnahmen in Anspruch zu nehmen?
Dieser Frage ist der STANDARD nachgegangen. Ein großer Teil der Leistungen, die das AMS anbietet, sind gesetzlich vorgeschrieben. Versicherte haben also, sofern sie sämtliche Voraussetzungen erfüllen, einen Rechtsanspruch darauf. Ohne Gesetzesänderung, die nach aktuellem Wissensstand nicht geplant ist, kann sich also für Anspruchsberechtigte nichts ändern.
Ein typisches Beispiel dafür ist die Bildungskarenz: Wer sechs Monate durchgehend beim gleichen Arbeitgeber beschäftigt ist, Anspruch auf Arbeitslosengeld hat und sich mit dem Arbeitgeber einigt, hat Anspruch auf Finanzierung einer Bildungskarenz durch das AMS. Die Bildungskarenz spielt in den aktuellen Überlegungen bezüglich einer möglichen Budgetkürzung keine Rolle. Das Gleiche gilt für Kürzungen bei der Bildungsteilzeit oder den AMSBeiträgen zur Finanzierung der Altersteilzeit. Auch Arbeitslosengeld und Notstandshilfe sind vorgeschriebene Leistungen, auf die jeder Versicherte Anspruch hat. Sie bilden den größten Teil des AMS-Budgets (siehe Grafik).
Die aktuelle Spardebatte dreht sich also um jenen Teil des AMSBudgets, der für Förder- und Qualifikationsmaßnahmen vorgesehen ist, auf die Versicherte keinen Anspruch haben.
Dazu gehören typische AMSKurse, mit denen etwa Arbeitslose einen EDV-Führerschein erwerben, Bewerbungen trainieren oder Sprachkurse absolvieren. Auch das Angebot, eine überbetriebliche Lehre über das AMS zu absolvieren, fällt in diesen Bereich. Ebenso ist die Facharbeiterausbildung, die vom Arbeitsmarktservice für Erwachsene angeboten wird, eine Leistung, auf die Versicherte keinen Anspruch haben. Dasselbe gilt für Lohnzuschüsse für ältere Arbeitslose. Über die Gewährung dieser Gelder entscheiden AMS-Berater.
Im vergangenen Jahr gab das Arbeitsmarktservice für all diese erwähnten Fördermaßnahmen etwas mehr als 1,3 Milliarden Euro aus. Heuer sind es etwa 1,4 Milliarden Euro. Auf Basis der mehrjährigen Finanzplanung der türkis-blauen Regierung ist man beim AMS davon ausgegangen, dass im kommenden Jahr ein Budget von 1,251 Milliarden Euro zur Verfügung stehen wird.
Sparpläne in der Schublade
Um auf diesen Betrag zu kommen, hat die Geschäftsführung des AMS aber damit gerechnet, eine Finanzreserve anzapfen zu können. Doch dagegen gibt es Widerstand im Sozialministerium. Aktuell laufen die Verhandlungen, eine Entscheidung soll es „im Herbst“geben, heißt es im Büro von Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ).
Sollte das Sozialministerium die Reserve nicht freigeben, wird das Förderbudget auf rund eine Milliarde Euro absinken. Die Landesorganisationen bereiten aktuell bereits Sparpläne vor. In Wien etwa heißt es, dass man ab Anfang September vom „Worst Case“ausgehe und mit einem Budgetrückgang von 25 Prozent für 2019 im Vergleich zu 2018 rechnet. Dabei werden nicht alle Bereiche von Kürzungen gleich stark betroffen sein: Für ältere Arbeitnehmer etwa sind eigene Budgettöpfe reserviert, weshalb hier keine Kürzungen möglich sind.
In den übrigen Bereichen werde man die Zahl der extern vergebenen Kurse zurückfahren müssen, sagt AMS-Wien Geschäftsführerin Petra Draxl. Vor allem für Bildungsinstitute wie das BFI, das Wifi oder die Volkshochschulen drohen also Einschnitte. Beim BFI-Wien mit 670 Mitarbeitern warnt man bereits vor einem Personalabbau bei Trainern im kommenden Jahr.
Über Einsparungen beim Personal wird auch im AMS diskutiert – nur sind hier allen Überlegungen wegen einer Sonderregel im Kollektivvertrag (KV) der AMS-Bediensteten enge Grenzen gesetzt.
Wie berichtet hatte die Ge- schäftsführung des AMS geplant, für das kommende Jahr 170 Millionen Euro aus der Finanzreserve für Förderprogramme zu nehmen. Weitere 50 Millionen Euro aus der Reserve sollten Personalausgaben abdecken. Ohne dieses Geld drohen laut Geschäftsführung deutliche Einschnitte bei den AMS-Beschäftigten. Allerdings: Kündigungen sind hier laut KV kaum möglich.
Die Mitarbeiter genießen in ihrem Kollektivvertrag einen gesonderten Schutz. So muss ein Dienstnehmer seine Pflichten schon „gröblich verletzt“haben oder sich für seine Arbeit als körperlich ungeeignet erweisen, damit eine Kündigung ausgesprochen werden kann. Mehrere Insider bestätigen, dass beim AMS niemand so recht weiß, was geschieht, wenn das Personalbudget für 2019 ungeplant schnell reduziert wird. Dann fehle nämlich Geld für die Mitarbeiter, von denen man sich aber rechtlich nicht trennen kann. Laut internen Berechnungen müssten bei einer Einsparung von 50 Millionen Euro gut 700 Planstellen beim AMS gestrichen werden. Das entspreche laut Zentralbetriebsratschef Heinz Rammel etwa 1000 Mitarbeitern. Aktuell beschäftigt das AMS 6000 Menschen.