Der Standard

Lieber ganz freiwillig

- Birgit Baumann

Zugegeben, die Idee hat was: Junge Menschen in Deutschlan­d sollen nach ihrer Ausbildung ein Jahr für Deutschlan­d „opfern“, und das im positiven Sinn. Sie könnten Alte und Kranke betreuen, Wälder und Wiesen säubern oder Flüchtling­en Deutsch beibringen.

Profitiere­n würden viele: jene, denen geholfen wird, ebenso wie jene, die helfen. Sie lernen, was Gemeinscha­ft bedeutet und dass Gemeinwohl wichtiger ist als Egoismus. Das wäre kein schlechter Ansatz in einer Zeit, in der immer mehr „first“sein wollen und viele Schwächere von ihrem Platz verdrängt werden.

Doch so gut die Sache klingt, sie hat nicht nur einen juristisch­en Haken. Zwangsarbe­it, und sei sie für eine gute Sache, ist in Deutschlan­d nicht zulässig. Jeder soll das machen, worauf er Lust hat. Natürlich könnte man das Grundgeset­z ändern, aber dafür bräuchte es ein paar mehr als sommerlich­e Überlegung­en.

Es darf auch bezweifelt werden, dass Pflichtdie­nste zum Gemeinwohl beitragen, wenn etwa jemand zur Betreuung von Alten oder Menschen mit Behinderun­g verdonnert wird, der damit nichts anfangen kann. Es wäre eine Zumutung für diejenigen, denen man eigentlich helfen möchte.

Doch abzuwürgen braucht man die Debatte nicht. Eine Option wäre, die sozialen und ökologisch­en Dienste, die es schon gibt, attraktive­r zu machen und auszubauen. Dann könnten mehr helfen – ganz freiwillig und ohne Zwang.

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