Nach Gerichtsurteilen droht Tausenden die Ausbürgerung
Vier Austrotürken österreichische Staatsbürgerschaft aberkannt
Wien/Bregenz – Nach vier richtungsweisenden Gerichtsurteilen in Verdachtsfällen illegaler Doppelstaatsbürgerschaften dürfte es in den kommenden Monaten eine Welle an Ausbürgerungen geben. Zahlreiche Österreicher mit türkischen Wurzeln bangen nun um ihren Aufenthalt.
Drei Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Wien und ein Urteil des Verwaltungsgerichts Vorarlberg bestätigen die jeweiligen Landesbehörden in ihrer Ansicht, dass die vier Betroffenen unerlaubterweise die türkische Staatsbürgerschaft angenommen haben. Das ist aber nur ausnahmsweise und nach behördlicher Be- willigung zulässig. Die Betroffenen waren zuvor aufgefordert worden, anhand von Personenstands-registerauszügen zu belegen, dass sie keine türkischen Staatsbürger sind. Da sie dieser Aufforderung nicht nachgekommen sind, gehen die Behörden davon aus, dass sie nach der Einbürgerung in Österreich wieder in den türkischen Staatsverband eingetreten sind.
Präzedenzfälle
Die Gerichtsurteile gelten als Musterentscheidungen für viele weitere Verfahren, die derzeit in der Warteschleife hängen. Vor allem in Wien werde es in den kommenden Monaten zu „sehr vielen“ erstinstanzlichen Entscheidungen kommen, heißt es bei der zuständigen Behörde MA 35.
Da damit zu rechnen ist, dass die Betroffenen die Aberkennungen in der zweiten Instanz, dem Landesverwaltungsgericht, bekämpfen, stellt sich das Verwaltungsgericht Wien nun auf eine Flut an Beschwerden ein. Man werde jedenfalls zusätzliches Personal brauchen, um diese „unglaubliche Zusatzbelastung“stemmen zu können, sagt Gerichtspräsident Dieter Kolonovits dem STANDARD. Sollte man diese Ressourcen nicht bekommen, drohe das Gericht zum „Flaschenhals“zu werden. (red)
Eisenstadt – Die Bundesregierung hat sich darauf verständigt, den im Eilverfahren vergebenen, dem Interesse der Republik geschuldeten Staatsbürgerschaften künftig die Wohltat des Datenschutzes angedeihen zu lassen. Niemand solle davon also Näheres wissen.
In diesen Genuss ist der Pole Michał Sołowow – von Berufs wegen Investor und Milliardär – nicht mehr gekommen. Er wurde nämlich schon im November des vorigen Jahres Österreicher. Und zwar kurz nachdem er angekündigt hatte, im Burgenland um 21 Millionen Euro ein 100 Arbeitsplätze schweres Werk hinzustellen, in dem neuartige, Metalle verarbeiten könnende 3D-Drucker hergestellt werden würden.
Das Burgenland und sein Landeshauptmann Hans Niessl waren, no na, begeistert. Der SP-Bürgermeister der Standortgemeinde Neutal, Erich Trummer, jubilierte. So auch die Eisenstädter FH, die sich auf Forschungskooperationen freute. Ganz ausgereift war die Sache ja noch nicht.
Nun aber, so vermeldete der ORF Burgenland, sei das Beste, was darüber gesagt werden könne, dass keine Förderungen geflossen sind. Denn die investieren wollende Firma 3D Gence gibt es mittlerweile gar nicht mehr. Der nunmehrige Österreicher war nämlich nicht der Einzige, dem die 3D-gedruckte Metallverarbeitung durch den Kopf ging. „In China und den USA ist man schon weiter, Google ist sehr involviert.“
„Formal behilflich“
Das sagte dem Standard Martin Ivancsics, von dem es heißt, er habe diesen Investitions- und Staatsbürgerschaftdeal, wenn schon nicht eingefädelt, so doch kundigst begleitet. Was der laut Eigendefinition „Pensionist“Seiende so aber nicht stehenlassen möchte. „Ich war da bloß formal behilflich, hab erklärt, wer wo wie für was zuständig ist.“
Das ist gar nicht so unkompliziert. Denn natürlich ist von der Bezirkshauptmannschaft über die für Staatsbürgerschaften zuständige SP-Landesrätin Astrid Eisenkopf bis hin zum beschlussfassenden Ministerrat der Weg lang und reichlich verworren. Da helfen eventuell wohlwollende Worte da und dort von dem und jenem.
Von Martin Ivancsics – alterierend immer noch Beiratsvorsitzender für die kroatische Volksgruppe; einst emsiger, oft allzu emsiger Büroleiter von Hans Niessl, der also solcher 2005 versucht hat, dem – nun ja: schillernden – Mirko Kovats die marode Landesbank Burgenland zu verkaufen; zuletzt burgenländischer Stiftungsrat im ORF – habe kein Wort eingelegt. „Was hätte das auch nützen können? Wer bin ich?“Bloß einer, der bereitstünde zu helfen, wenn es um Arbeitsplätze im Burgenland geht.
Außerdem sei das Engagement des Michał Sołowow in Österreich mit der gescheiterten 3D-Firma ja noch lange nicht erledigt. „Er möchte das Headquarter seiner Holding nach Wien verlegen.“Eine Holding, die sich auch über den Chemiekonzern Synthos stülpt. Und falls jemand wegen der wohlwollenden, staatsbürger-schaftsförderlichen Worte fragen wolle, solle er bedenken, dass diese Synthos seit dem Vorjahr die Wiener Austria sponsert. Ivancsics: „Dort ist diesbezüglich schon deutlich mehr Nachdruck als bei mir.“Der Chef des Kuratoriums ist Michael Häupl. Und sein Stellvertreter Hans Niessl. (wei)