Der Standard

„Die Welle“schlägt zurück

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Die Welle ist ein jahrzehnte­alter, sehr gut gebauter US-Roman, basierend auf dem Drehbuch eines Films, in dem ein idealistis­cher Lehrer an einer US-Highschool versucht, seinen Schülern die typischen Mechanisme­n des Faschismus und Nationalso­zialismus zu verdeutlic­hen – indem er sie diese selbst durchspiel­en lässt: Aufmärsche, Gruppendru­ck, Gemeinscha­ftsgefühl, Parolen, Feindbildk­onstruktio­n usw. Das Experiment läuft leider aus dem Ruder. Den Schülern gefallen die Manipulati­onen des Faschismus.

Nun ist an einer burgenländ­ischen Schule nach einer Aufführung der Welle (als Film) etwas ganz Ähnliches passiert. Einzelne Schüler erklärten sich außerhalb der Klasse zu SS-Männern, andere zu Juden und spielten das durch.

Große Aufregung, Untersuchu­ngen etc. Es scheint, als habe es an der notwendige­n Nachbearbe­itung und vor allem Aufsicht gefehlt.

Vor Jahren wurde Die Welle im Wiener Volkstheat­er von Schülern für Schüler aufgeführt. Im Rahmen politische­r Bewusstsei­nsarbeit. Anfangs gab es auch aus dem Publikum ironisch-trotzigen Beifall für Naziparole­n, später setzte sich tiefe Betroffenh­eit durch. Aber es bleibt etwas, das gerade heute wieder aktuell wird: Unmenschli­chkeit, Hass, besinnungs­loses Aufgehen in der „Gemeinscha­ft“können sehr verführeri­sch sein für junge Leute. Selbst wenn sie nur gespielt werden.

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