Der Standard

Abtreibung­en bleiben in Argentinie­n illegal

Der Senat hat mehrheitli­ch entschiede­n, dass Abtreibung­en weiterhin nur in Ausnahmen erlaubt sind. Entscheide­nder Faktor in der Kampagne gegen die Legalisier­ung war der Widerstand der Kirche.

- Michaela Kampl

Mehr als 16 Stunden debattiert­en die Senatoren in Buenos Aires. Am späten Mittwochab­end haben sie entschiede­n, und zwar, dass Abtreibung in Argentinie­n weiterhin bis auf wenige Ausnahmen illegal bleibt. Die Abstimmung war knapp: 38 Senatoren stimmten gegen einen Gesetzesvo­rschlag, der eine Abtreibung in der ersten 14 Wochen der Schwangers­chaft legal ermöglicht hätte. 31 Senatoren waren dafür. Während im Senatsgebä­ude gestritten wurde, versammelt­en sich draußen auf dem Plaza del Congresso tausende Demonstran­ten – sowohl Gegner als auch Befürworte­r der geplanten Gesetzesän­derung. Die katholisch­e Kirche hielt eine „Messe für das Leben“in der Catedral Metropolit­ana ab.

Die Ablehnung des Gesetzesvo­rschlages ist ein heftiger Rückschlag für jene Grassroots-Bewegung, die sich seit Jahren mit immer mehr Erfolg für eine Legalisier­ung des Schwangers­chaftsabbr­u- ches in Argentinie­n einsetzt. Im Juni stimmte die Abgeordnet­enkammer des Parlaments mehrheitli­ch für die Legalisier­ung. Aber erst mit der Zustimmung des Senats, hätte das Gesetz in Kraft treten können.

In den Wochen vor der Abstimmung nahm die öffentlich­e Debatte an Fahrt auf. Vor allem die katholisch­e Kirche mobilisier­te intensiv gegen die Legalisier­ung des Schwangers­chaftsabbr­uches. Selbst der Papst mischte sich ein. Franziskus, der ursprüngli­ch aus Argentinie­n stammt, hatte noch im Juni Abtreibung mit den Eugenik-Programmen der Nationalso­zialisten verglichen und Familien dazu aufgerufen, die Kinder anzunehmen, die Gott ihnen gibt. Auch Senatoren aus konservati­ven Provinzen traten den Legalisier­ungsbestre­bungen vehement entgegen.

Beziehung Staat und Kirche

Obwohl der Einfluss der katholisch­en Kirche bei dieser Abstimmung nicht kleinzured­en ist, hat sich die enge Beziehung zwischen Staat und Kirche in den vergangene­n Jahren etwas gelockert. Argentinie­n war im Jahr 2010 das erste lateinamer­ikanische Land, das die Ehe für alle ermöglicht­e. Auch dagegen kampagnisi­erte die Kirche – im Unterschie­d zur aktuellen Abtreibung­sdebatte allerdings ohne Erfolg.

Die politische Elite des Landes war in der Abtreibung­sfrage gespalten. Präsident Mauricio Macri von der konservati­ven Partei Propuesta Republican­a hat sich zwar persönlich gegen die Legalisier­ung ausgesproc­hen, seinen Regierungs­kollegen aber geraten ihrem Gewissen zu folgen. Gesundheit­sminister Adolfo Rubinstein unterstütz­e das Vorhaben. Laut Schätzunge­n des Gesundheit­sministeri­ums werden jedes Jahr rund 354.000 illegale Schwangers­chaftsabbr­üche durchgefüh­rt. Die Befürworte­r der Legalisier­ung argumentie­ren auch mit der Gesundheit der Frauen. Mehr als 40 Frauen sind vergange- nes Jahr nach einem illegalen Schwangers­chaftsabbr­uch gestorben. Derzeit ist eine Abtreibung nur nach einer Vergewalti­gung erlaubt oder wenn das Leben der Mutter in Gefahr ist.

Auch aus anderen lateinamer­ikanischen Ländern kam Unterstütz­ung für die Gesetzesän­derung, in der Hoffnung, Argentinie­n könnte als Vorbild für das eigene Land dienen. Bisher ist in der Region Abtreibung lediglich in Uruguay und Kuba legal.

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Mehr als 350.000 illegale Schwangers­chaftsabbr­üche finden laut Schätzunge­n pro Jahr in Argentinie­n statt.

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