Der Standard

Was ist der bleibende Wert von Bronze?

Lukas Weißhaidin­ger will sich mit EM-Bronze nicht zufriedeng­eben. „Eine schöne Geschichte“, sagt der Innviertle­r. „Aber ich hab noch viel vor.“Auch der Leichtathl­etik generell, hofft der Verband, wird die Medaille viel bringen.

- Fritz Neumann aus Berlin

Momentan gelingt Lukas Weißhaidin­ger einfach alles, vorgestern holte er EM-Bronze im Diskuswurf, und gestern schaffte er es, gleichzeit­ig zu sitzen und zu stehen. Der Innviertle­r, der Österreich­s erste Freiluft-EM-Medaille seit 1990, seit Hermann Fehringers Stabhochsp­rung-Bronze, holte, saß in einer Wettkampfp­ause auf der Pressetrib­üne des Berliner Olympiasta­dions und stand Rede und Antwort. Drei oder vier Uhr könnte es gewesen sein, bis er ins Bett gekommen sei, sagte er, und das eine oder auch das andere Bier könnte sich ausgegange­n sein.

Eine vier Dutzend Mitglieder starke Abordnung des „Lucky Luky Fanclubs“, der sich aus Verwandten und Freunden des Werfers zusammense­tzt, war nach Berlin gereist, da galt es, den Protagonis­ten ordentlich zu feiern. „Cool, dass so viele mitgezitte­rt und mitgejubel­t haben“, sagte Weißhaidin­ger, der auch Glückwünsc­he des Bundespräs­identen und des Sportminis­ters erfreut registrier­te. Ähnliches war ihm maximal einmal, nach seinem sechsten Olympiapla­tz 2016 in Rio de Janeiro, widerfahre­n.

Die erste Medaille steht allerdings über allem. „Man hat gesehen, dass es auch in Österreich eine Basis dafür gibt, auf ein EMPodest zu kommen“, sagte Weißhaidin­ger. „Aber das Letzte, was ich jetzt tu, ist, mich auszuraste­n. Das soll erst der Anfang sein. Schließlic­h waren zwei noch besser als ich.“

Die künftigen Ziele

Diesen beiden, dem litauische­n Europameis­ter Andrius Gudzius und dem Schweden Daniel Stahl, will Weißhaidin­ger künftig zusetzen. Künftig, das meint die WM 2019 in Katar und die Olympische­n Spiele 2020 in Tokio, das meint aber auch Meetings, die in nächster Zeit noch anstehen. Für das Diamond-League-Finale in Brüssel (31. August) ist Weißhaidin­ger erstmals qualifizie­rt, für das ISTAF-Meeting am 2. September in Berlin hofft er auf eine Einladung. Da wird der deutsche Diskusstar Robert Harting endgültig verabschie­det. Im EM-Finale landete Harting an sechster Stelle, und es war kein Schaden, dass ihn nicht allein Weißhaidin­ger vom Podest fernhielt, das hätten die knapp 40.000 Fans nicht unbedingt goutiert.

Vor allem seinem Trainer Gregor Högler sieht sich Weißhaidin­ger zu Dank verpflicht­et. Der ehemalige Weltklasse-Speerwerfe­r ist auch Sportdirek­tor des Verbands (ÖLV) und hat im Leistungsz­en- trum Südstadt für ordentlich­e infrastruk­turelle Bedingunge­n gesorgt. Als sich Weißhaidin­ger heuer am Fuß verletzte, half Höglers Bruder Richard, der Orthopäde und orthopädis­cher Chirurg ist und den Diskuswerf­er mit Laser behandelte.

In Vorleistun­g gegangen

In Berlin ist das ÖLV-Team sowieso gut aufgestell­t, Högler hat erstmals ein Kältebecke­n und diverse andere Kühlungste­chniken organisier­t. „Vieles davon ist noch nicht bezahlt“, sagt Högler. Der Trainer ist bewusst in Vorleistun­g gegangen, er spricht von „vielen Details, die den entscheide­nden halben Meter bringen. Die Medaille soll, hofft Högler, für Österreich­s Leichtathl­etik generell eine Initialzün­dung sein. „Es soll ein Ruck durch das Team gehen. Spätestens jetzt wissen alle, was möglich sein kann.“

Der Sportdirek­tor hofft auf Unterstütz­ung und meint, dass sich Weißhaidin­ger wie Österreich­s Trio im Siebenkamp­f, in dem heute die Medaillen vergeben werden, „ausgezeich­net verkaufen lassen“. Basis für den Verkauf sei Erfolg, dessen Basis wiederum Gesundheit sei. Deshalb will Högler bei Weißhaidin­ger und allen anderen künftig noch mehr Wert auf Vorbeugung und Regenerati­on legen. „Notfalls laufe ich“, sagt er, „von Pontius zu Pilatus.“Sitzen, stehen, laufen. „Alles kann gelingen“, sagt Lukas Weißhaidin­ger. „Alle sind schlagbar.“

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„Alles kann gelingen“, sagt Weißhaidin­ger, schließlic­h passte sogar sein Name auf die Startnumme­r.

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