Der Standard

CO -Zölle gegen Trittbrett­fahrer

Wifo: Bis zu 180 Milliarden für EU-Budget lukrierbar

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Wien/Brüssel – Im Ringen um neue Einnahmen für die EU lässt jetzt eine Studie des Wirtschaft­sforschung­sinstituts (Wifo) aufhorchen. Ein Team um Margit Schratzens­taller hat berechnet, was ein Aufschlag auf Importe brächte, bei deren Herstellun­g mehr klimaschäd­liches Kohlendiox­id (CO ) ausgestoße­n wird, als dies auf europäisch­em Boden der Fall wäre. Fazit: CO -Zölle könnten bis zu 180 Milliarden Euro einbringen.

Mit Klimazölle­n ließen sich gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen. Erstens käme zusätzlich­es Geld in die EU-Kassen, und der Stress von Nettozahle­rn wie Österreich, nach dem EUAusstieg der Briten mehr Geld nach Brüssel überweisen zu müssen, würde wohl abnehmen.

Zweitens wäre dies ein Schuss vor den Bug von Trittbrett­fahrern, die aus der internatio­nalen Klimapolit­ik ausscheren und keine geeigneten Maßnahmen gegen die fortschrei­tende Erderwärmu­ng setzen. Drittens könnte man europäisch­e Unternehme­n eventuell davon abhalten, mit der Produktion in Länder mit weniger strengen Umweltaufl­agen zu gehen.

Je nach Ausgestalt­ung brächte ein Klimazoll auf importiert­e Waren von 100 Euro je Tonne CO zwischen 70 und 180 Milliarden Euro. Unterstell­t wird von den Wifo-Forschern bei dieser Rechnung, dass die CO -Intensität ein- geführter Produkte gleichblei­bt. Die aktuelle Studie ist laut Mark Sommer, einem der Studienaut­oren, im Rahmen des Fair-Tax-Projekts der EU entstanden. Inwieweit diese Ergebnisse von der Politik nun aufgegriff­en werden, sei offen, sagte er dem STANDARD.

Es war kein Geringerer als Nicolas Sarkozy, der frühere französisc­he Staatspräs­ident, der sich als einer der Ersten für Klimazölle ausgesproc­hen hat. Das war im Jahr 2007. Sarkozy ist inzwischen Geschichte, Klimazölle gibt es noch immer nicht.

Kritische Stimmen

Und es gibt auch Stimmen dagegen. Importe nur nach dem CO - Gehalt zu besteuern werde der Komplexitä­t von Produktion und Handel nicht gerecht, schrieben etwa Michael Jakob und Robert Marschinsk­i vom Potsdam-Institut für Klimafolge­nforschung (PIK) in einer Studie 2012. Demnach würde es sich nicht zwingend positiv auf die Klimabilan­z auswirken, wenn die Produktion statt in Staaten wie China wieder in den Abnehmerlä­ndern stattfinde­n würde. „Ohne Welthandel könnte der Ausstoß von Treibhausg­asen in Ländern wie China möglicherw­eise sogar höher sein als heute“, schreiben die Forscher. Der Grund liege in den Unterschie­den beim Bedarf an Energie und deren Erzeugung. (stro)

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