Der Standard

Populistis­che Sanktionen

- Anna Sawerthal

Es sind nun also die USA, die in der Affäre um Giftanschl­äge in England aktiv werden: harte Sanktionen gegen Moskau. Denn es seien die Russen gewesen, die den Exagenten Sergej Skripal und dessen Tochter im März vergiftete­n, da sei man sich jetzt ganz sicher, tönte es aus Washington. Dabei fanden die rätselhaft­en Anschläge nicht in Washington statt, sondern 6000 Kilometer weit entfernt.

Zwar hat Großbritan­nien von Anfang an Russland beschuldig­t, hinter den Angriffen zu stecken – und von Anfang an hat Moskau das dementiert. Doch außer der Ausweisung von Diplomaten haben die Briten bisher keine wirklich folgenschw­eren Aktionen gegen Russland gesetzt, sondern sich weitgehend in Schweigen gehüllt. Gerüchte über zwei russische Täter tat London entweder mit Dementis ab oder sagte: „Kein Kommentar.“Das Schweigen der britischen Ermittler tönt umso lauter im Kontrast zu den Sanktionen, die die USA nun verhängen.

Londons vermeintli­che Freunde in Washington haben wohl eine eigene Agenda. Möchte US-Präsident Donald Trump auf populistis­che Weise das gutmachen, was er in Helsinki vor einem Monat versemmelt hat? Dort habe er sich Kreml-Chef Wladimir Putin angebieder­t, so der fast einhellige Tenor in den USA – egal ob im demokratis­chen oder republikan­ischen Lager. Manche nannten Trump gar einen Agenten Russlands. Er muss also innenpolit­isch einiges richten – die Nowitschok-Affäre könnte ihm dabei helfen.

Newspapers in German

Newspapers from Austria