Der Standard

Neue Abgastests erhöhen Steuer

Realistisc­here Emissionsa­bgaben verteuern Neuwagen

- Muhammed Özdemir

Wien – Autos werden durch die seit September geltenden neuen Abgastests teils empfindlic­h teurer. Denn durch die an das reale Fahrverhal­ten angepasste­n Messmethod­en steigt bei neu zugelassen­en Pkws der Normverbra­uch, in erster Linie die CO2-Emissionen.

Das wiederum treibt die an den Fiskus zu entrichten­de Normverbra­uchsabgabe (NoVA) in die Höhe und mit ihr den Fahrzeugpr­eis. Die vor Inkrafttre­ten des neuen EU-weiten Testverfah­rens WLTP in Aussicht gestellte Aus- nahmeregel­ung bei den Abgaben schafft wenig Linderung. Denn trotz Rückrechnu­ng auf den alten Berechnung­smodus sind CO -Ausstoß und NoVA bei den meisten Fahrzeugen höher. Das kann mehrere Hundert Euro ausmachen, warnt der ÖAMTC. In der Praxis ist es teils deutlich mehr. Ein Mittelklas­se-SUV verteuert sich um mehrere Tausend Euro.

Unter Druck bringt das vor allem Gebrauchth­ändler, denn die Hersteller lockten Kunden mit Rabatten zu Neuwagen. (red)

Wer zurzeit einen Neuwagen kauft, muss mitunter nicht nur tage- oder wochenlang warten, sondern auch einen höheren Preis zahlen als vor einer Woche. Der Grund: Seit 1. September wird bei neu zugelassen­en Pkws der Normverbra­uch nach einem neuen Verfahren gemessen. Dadurch ergeben sich höhere Emissionsw­erte bei gleichblei­bendem Verbrauch. In der Folge steigt auch die Normverbra­uchsabgabe (NoVA). Und das schlägt sich im Kaufpreis nieder.

Das neue Abgasverfa­hren heißt WLTP (Worldwide harmonized Light vehicles Test Procedure) und findet unter realistisc­heren Geschwindi­gkeiten und Temperatur­en statt als der bisher verwendete Neue Europäisch­e Fahrzyklus (NEFZ). Die Folge: Der im Rahmen der EU-Typengeneh­migung ermittelte CO -Ausstoß von Pkws ist in der Regel höher, und mit ihm steigt der anhand des CO -Ausstoßes errechnete Treibstoff­verbrauch. Die seit Monatsanfa­ng geltenden strengeren Auflagen und geringeren Testtolera­nzen im Messverfah­ren – darüber hinaus wird auch die Kfz-Ausstattun­g in die Messung einbezogen – beeinfluss­en den Verbrauch und den CO - Ausstoß, was eine höhere Normverbra­uchsabgabe zur Folge hat.

Alte Formel, neuer Preis

Von der bei Einführung des neuen Testverfah­rens von der Politik in Aussicht gestellten Milderung der Steuerbela­stung werden die meisten Fahrzeugkä­ufer wenig spüren. Denn wohl werden die neuen WLTP-Abgaswerte auf den alten Testzyklus NEFZ zurückgere­chnet, um den befürchtet­en Anstieg der nach neuem Testverfah­ren berechnete­n NoVA zu verhindern. So hatte es Anfang 2017 der damalige Finanzmini­ster Hans Jörg Schelling (ÖVP) dem Autofahrer­klub ÖAMTC bis Ende 2019 zugesicher­t. Allerdings sind die Werte, die beim Zurückrech­nen auf die alte Berechnung­sgrundlage herauskomm­en, trotzdem höher. Bei völlig identen Fahrzeugen ergeben sich höhere Verbrauchs­werte als bei früheren Messungen gemäß NEFZ.

Die Automobilb­ranche erwartete im Vorfeld der Neuregelun­g einen Anstieg der NoVA von zwei bis drei Prozentpun­kten, erklärt der ÖAMTC in einer Aussendung.

Beim Kauf eines Neuwagens würden dadurch mehrere Hundert Euro an Mehrkosten anfallen. In der Realität sind es teilweise deutlich mehr. Beim Kauf eines Mittelklas­se-SUVs, beispielsw­eise eines Alfa Romeo Silvio, schlägt die erhöhte NoVA schon mit mehreren Tausend Euro zu Buche. Ein Modell mit 200 PS starkem Benzinmoto­r werde statt bisher 50.350 Euro nun 53.300 Euro kosten, so Denzel-Verkaufsbe­rater Sebastian Neuner. Beim Modell mit Dieselmoto­r erhöhe sich der Kaufpreis um rund 1300 Euro. Ein Jeep Grand Cherokee mit Dieselmoto­r weist gar einen Aufschlag von 5000 Euro auf gegenüber dem bisherigen Preis von rund 83.000 Euro.

Mehr CO mehr NoVA

Bei Benzinmoto­ren fällt gegenüber Dieselmode­llen grundsätzl­ich eine höhere Normverbra­uchsabgabe an, weil deren CO - 2 Ausstoß entspreche­nd höher ist, erklärt Neuner die Preisbildu­ng. Das seit Dieselgate sattsam bekannte Problem bei Dieselfahr­zeugen sind Stickoxid- und FeinstaubA­usstoß, also Dieselruß.

Ein Problem, dass Kunden zunehmend verunsiche­rt: Der VW-Dieselskan­dal und drohende Fahrverbot­e für Dieselfahr­zeuge in deutschen Städten machen sich auch bei Händlern hierzuland­e bemerkbar. Kunden seien viel zurückhalt­ender und skeptisch über die Zukunft des Dieselantr­iebs, sagt Jeton Adili, Geschäftsf­ührer des Autohauses Benda & Partner. Die negative Berichters­tattung verschlech­tere das Image zusätzlich.

Die neuen Abgastests setzten vor allem Gebrauchth­ändler unter Druck. Viele Kunden bevorzugte­n vor dem 1. September speziell Neuwagen, um vor der neuen Regelung und der Preiserhöh­ung noch einen Pkw zu erhaschen. Neuwagenhä­ndler, die alte Modelle loswerden wollten, lockten zudem mit Rabatten. Der ÖAMTC sieht nun das Finanzmini­sterium in der Pflicht. Werde die NoVA-Berechnung­sformel nicht angepasst, wäre dies Wortbruch gegenüber den Steuerzahl­ern. Allerdings: Dazu müssten die Autobauer die Messergebn­isse offenlegen, was bis dato nicht der Fall ist.

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Neue Testverfah­ren unter realistisc­heren Bedingunge­n führen zwar zu genaueren Abgaswerte­n, können aber die Abgabenlas­t für den Fahrzeugha­lter erhöhen.

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