Libyen: Paris und Rom im Streit
Milizen liefern sich erneut schwere Kämpfe
Libyen bleibt ein Pulverfass. In der Hauptstadt Tripolis liefern sich bewaffnete Gruppen seit Tagen erbitterte Kämpfe mit bisher über 50 Todesopfern und hunderten Verletzten. 1800 Zivilisten haben die Südviertel von Tripolis verlassen. Gut bewaffnet und organisiert, sind die Milizen auch ein politischer Machtfaktor: Die von der Uno gestützte Phantomregierung von Fayez al-Serraj hängt von ihnen ab, weil sie selbst über keine Armee verfügt.
Der neu aufflammende Machtkampf um die Vorherrschaft in Tripolis bedroht die für Dezember geplanten Wahlen, die 2017 bei einer Konferenz unter der Schirmherrschaft des französischen Präsidenten Emmanuel Macron vereinbart worden waren. Gefährdet ist auch das libysch-italienische Abkommen, das die Flüchtlingsströme dank zusätzlicher Küstenpatrouillen eingedämmt hatte.
Die Regierung in Rom wirft Paris vor, die Konflikte zu fördern. Innenminister Matteo Salvini twitterte am Montag, „jemand“stecke dahinter – gemeint war Frankreich. Verteidigungsministerin Elisabetta Trenta nannte das Nachbarland namentlich, um ihm die „Teilschuld“an den Kämpfen zu geben. Macron versuche, General Khalifa Haftar zum starken Mann Libyens aufzubauen.
Doch die Vorwürfe aus Rom sind absurd. Haftar ist nicht in die Kämpfe in Tripolis verwickelt; er setzt vielmehr auf die Wahlen am Jahresende. Paris verfolgt letztlich das gleiche Ziel wie Rom, nämlich eine langfristige Kontrolle der Flüchtlingsströme. Bloß halten die Franzosen nicht den „offiziellen“Regierungschef Serraj, sondern eine Autokratie unter Haftar für die beste Lösung. So wies das Pariser Außenministerium die Anschuldigungen aus Rom am Dienstag zurück. pLangfassung dSt.at/Libyen