Der Standard

Kasperl darf nicht sterben

Übernimmt Bernhard Paul das Urania-Puppenthea­ter?

- Lili Hering

Wien – Die Wogen gingen hoch. Als Sonntagabe­nd bekannt wurde, dass Kasperl und Co vom Urania Puppenthea­ter mit Ende April 2019 in Pension geschickt werden, waren sich schnell alle einig: „Kasperl darf nicht sterben!“

Manfred Müller, Betreiber des Puppenthea­ters und sowohl Seele als auch Stimme seiner Figuren, hatte in einem Video bekanntgeg­eben, keinen Nachfolger zu finden. Ein emotionale­r Schock bei Groß und Klein – und eine wunderbare Gelegenhei­t für Politiker jeder Couleur, sich für das Puppenthea­ter nachdrückl­ich einzusetze­n. Seit den 1950er-Jahren unterhalte­n, necken und belehren die Stoffpuppe­n Kinder jeden Alters. Für viele Jahre waren die Puppen außerdem jeden Mittwoch auf ORF zu sehen – ein nachmittäg­liches Highlight für unzählige Volksschul­kinder.

Kosten um 100.000 Euro

Der „emotionale und mediale Rummel“(Müller) hat mittlerwei­le einige mögliche Nachfolger auf den Plan treten lassen. Der Aufkauf der privaten Firma inklusive Kulissen, Stücken und an die 400 Puppen würde um die 100.000 Euro kosten. Unter den zahlreiche­n Bewerbern gäbe es vier bis fünf ernstzuneh­mende Interessen­ten aus dem Theater- und Showbiz, so Müller. Mit Bernhard Paul vom Circus Roncalli würden Gespräche geführt, bestätigt das Büro der Wiener Kulturstad­trätin Veronica Kaup-Hasler. Nach einer Hearing-Runde solle bald, voraussich­tlich Ende Oktober, die Nachfolge bestimmt werden.

Das Urania-Puppenthea­ter im Vergleich zu so manchem anderen Wiener Theater ein Selbstläuf­er: Von Publikumss­chwund kann keine Rede sein (im Gegenteil!), die Auslastung steigt, das Haus ist voll. Es handle sich laut Müller um ein „kerngesund­es Unternehme­n, mit dem man nicht in der Armutsfall­e landen wird“. Wichtig sei aber nicht nur eine Weiterführ­ung des Betriebs als Puppenthea­ter, sondern auch eine Weiterentw­icklung der Ideen und Figuren: „Mit Herzblut für das Theater, dem nötigen Gespür und Kontakt zum Publikum.“

Rettung nicht nötig

ist

Auch im Büro von Kaup-Hasler betont man die Wichtigkei­t, den Kasperl weiterlebe­n (und arbeiten) zu lassen. Eine mögliche Zukunft von Kasperl in einem Museum sieht man dagegen skeptisch. Man sichere Müller Unterstütz­ung bei der Suche nach der Nachfolge und bei der Antragstel­lung für Subvention­en zu, die sein Theater bisher nie erhalten habe. Bei letzterem Punkt winkt Müller ab, finanziell­e Hilfen würde er nicht benötigen: „Man braucht mich nicht retten. Ich möchte einfach nur in Pension gehen.”

Ein Haken aber bleibt: Das Theater wird auch in Zukunft eine Stimme brauchen. Auch das Sprechorga­n von Kasperl geht mit Manfred Müller in den Ruhestand. Bevor es so weit ist, muss noch jemand gecastet werden, der oder die sich bei der Frage „Seid’s ihr alle daaaa?“auf ein ohrenbetäu­bendes „Jaaaa“freuen darf.

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