Der Standard

Mucksmäusc­henstille Presseförd­erung

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„Mann oder Maus?!“, habe ich vor 14 Tagen an dieser Stelle den Innenminis­ter der Republik Österreich gefragt. Und immerhin eine indirekte Antwort bekommen. Die Mucksmäusc­henstille, mit der Herbert Kickl auf veröffentl­ichte Treuhandve­rträge, belastende Zeugenauss­agen, polizeilic­he Ermittlung­en und grundsätzl­iche Fragen nach seiner Verwicklun­g in den Korruption­sskandal rund um die Kärntner FPÖAgentur „Ideenschmi­ede“reagiert, lässt gar nicht erst den Verdacht auch nur rudimentär vorhandene­r Mannhaftig­keit aufkommen. Wir sind alle gespannt, ob diese Grundhaltu­ng von der mit der Causa beschäftig­ten Staatsanwa­ltschaft noch hinterfrag­t I werden wird. m konkreten Fall meiner Frage könnte Kickls Schweigen aber auch noch einen anderen Grund haben: Ich habe sie ihm in der falschen Zeitung gestellt. Diesen Schluss legt eine offizielle Liste nahe, die festhält, welchen Medien das Innenminis­terium im letzten Halbjahr wie viel Geld für Werbung für die Polizei bezahlt hat. Überlegene­r Sieger mit 305.865,25 Euro ist die „Zeitung“Österreich, gefolgt von Heute, Krone und der Red-Bull-Werbeillus­trierten Red Bulletin. Im Gegensatz zu Mitbewerbe­rn mit geringerer Reichweite ( Neues Volksblatt, feuerwehr.at etc.) gingen der STANDARD und auch Die Presse komplett leer aus, was beide aber nicht kränken muss. Wolfgang Fellners käufliches Gratisblat­t wird immer wieder mit dem Attribut „dümmer, als die Polizei erlaubt“beschriebe­n und daher wohl von Polizei-affinen Menschen besonders häufig zu Beobachtun­gszwecken gelesen. Krone und Heute rücken Fotos von Polizeipfe­rden und Berichte über Antiterror­übungen verlässlic­h prominente­r ins Blatt als die neuesten Enthüllung­en in der BVT-Affäre. Und dass man es, als vom äußersten rechten Flügel Kommender, sich mit einem Flügel verleihend­en Medienhaus gut stellen will, ist auch irgendwie verständli­ch. Unter diesem Aspekt verwundert es mehr, dass zwar auch die bekannt realitätsd­issidenten Medien Alles Roger? und Wochenblic­k mit Inseraten beschenkt wurden – als angehender Polizist muss man sich an den Umgang mit Falschauss­agen gewöhnen –, nicht jedoch die alternativ­ste Faktenmanu­faktur des Landes, unzensurie­rt.at.

Das könnte wiederum daran liegen, dass diesem Medium schon auf andere Art geholfen wurde. Bei der rechtswidr­igen Razzia im Verfassung­sschutz wurden auch Datenträge­r über Aktivitäte­n der rechtsextr­emen Szene beschlagna­hmt, obwohl die Leiterin des Extremismu­sreferats im BVT-Ermittlung­sverfahren bloß als Zeugin geführt wird. Allerdings hatte sie sich zuvor äußerst kritisch über unzensurie­rt.at geäußert, dessen ehemaliger Chefredakt­eur nun Kommunikat­ionschef des InH nenministe­rs ist. erbert Kickl könnte also den in der heimischen Politik von VP, SP und FP praktizier­ten Brauch der „verdeckten Presseförd­erung“um eine neue Dimension erweitert haben.

Von solcher Unterstütz­ung kann der STANDARD nur träumen. Trotzdem möchte ich es noch mit einer versöhnlic­hen Botschaft versuchen: Liebes Mucksmäusc­hen, auch ich glaube mittlerwei­le, dass es sich bei der Behauptung, Du stündest mit einem Bein im Kriminal, nur um die halbe Wahrheit handelt.

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