Der Standard

Zeit für die Revolution

- András Szigetvari

Google, Facebook und die anderen US-Technologi­egiganten sollen endlich mehr Steuern auf ihre Gewinne zahlen. Keine andere wirtschaft­spolitisch­e Forderung stößt aktuell auf so ungeteilte Zustimmung in Europa. Die Geschichte­n darüber, wie die IT-Firmen ihre Gewinne hin- und herschiebe­n, bis sie in der EU gar keine Steuern zahlen, haben zu Recht Empörung ausgelöst.

Diese Steuertric­ks sind Ausfluss eines viel größeren Problems. Über die vergangene­n Jahre hat sich die Unternehme­nswelt de facto zweigeteil­t. Auf der einen Seite stehen mittelstän­dische, national tätige Betriebe, die gar nicht anders können, als ihre Steuern im Inland zu zahlen. Auf der anderen Seite sind multinatio­nale Konzerne, die ihre länderüber­greifende Struktur nutzen und aggressiv Steuern optimieren.

Problemati­sch ist daran nicht nur, dass die Multis wenig zum Gemeinwohl beitragen. Sie verzerren auch den Wettbewerb: Firmen, die nicht global aufgestell­t sind und nicht Legionen von Steuerbera­tern beschäftig­en, tragen die Last.

Diese Teilung in Gewinner und Verlierer gilt es zu überwinden. Kurzfristi­g hat es deshalb Sinn, sich mit Konstrukti­onen zu behelfen, die Google und Facebook auch in Ländern in die Pflicht nehmen, in denen die Unternehme­n physisch kaum präsent sind, sondern nur Werbung verkaufen – wie in Österreich. Eine Form einer solchen Digitalste­uer diskutiere­n die EU-Finanzmini­ster gerade.

Doch mittelfris­tig gehört das Steuersyst­em umgekrempe­lt. Allein global tätig zu sein sollte keinen Steuervort­eil bringen. Ideen dazu gibt es. Aktuell sind Unternehme­nssteuern dort zu entrichten, wo Waren und Dienstleis­tungen produziert werden. Davon könnte man abgehen und auf den Ort abstellen, an dem Umsätze generiert werden. Im Fall von Google wäre dies dort, wo der Konsument die Werbung sieht. Eine solche Steuerrevo­lution schafft neue Gewinner und Verlierer. Darüber gehört diskutiert.

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