Der Standard

Kein Glaube ohne irdischen Beitrag

Die Heiligkeit hat hohe Nebenkoste­n. Doch woher kommen die Gelder, die die Kassen der unterschie­dlichen Religionsg­emeinschaf­ten füllen? Eine Spurensuch­e auf himmlische­n Finanzwege­n.

- Peter Mayr, Markus Rohrhofer

Bei aller Barmherzig­keit und gerne gelebter Bescheiden­heit können sich selbst Religionsg­emeinschaf­ten einer Frage nicht entziehen: Woher kommt das Geld? Besonders brisant wurde die Diskussion über den schnöden Mammon im Namen des Herrn im Juni des heurigen Jahres in Zusammenha­ng mit der von der Bundesregi­erung beschlosse­nen Ausweisung von zehn aus der Türkei finanziert­en Imamen. Nach dem Islamgeset­z ist die Finanzieru­ng von islamische­n Vereinen und damit der dort Beschäftig­ten mit ausländisc­hen Mitteln nämlich verboten.

Die Türkisch-islamische Union für kulturelle und soziale Zusammenar­beit in Österreich, kurz ATIB – die über 60 Vereine mit über 100.000 Mitglieder­n in ganz Österreich vertritt – steht dennoch offen zur Finanzspri­tze aus dem Ausland. Mit einer klaren Begründung: Dies sei nötig, da es in Österreich „keine adäquate Ausbildung“für Imame gebe.

Die Kundschaft finanziert

Drängt sich also die Frage auf, wie die anderen Kirchen in Österreich die Kassen füllen. Im Bereich der katholisch­en Kirche stammt der überwiegen­de Teil der Einnahmen (2016 mehr als 451 Millionen Euro) aus dem Kirchenbei­trag. Die staatliche­n Leistungen zur Abgeltung von NS-Schäden machen knapp 48 Millionen Euro und somit acht Prozent der Einnahmen aus.

Die restlichen rund 105 Millionen Euro und damit 17 Prozent der Einnahmen stammen aus der Vermögensv­erwaltung, Vermietung­en, Leistungen und Subvention­en. Insgesamt verzeichne­ten die Diözesen 2016 Gesamteinn­ahmen in der Höhe von knapp 604 Millionen Euro (2015: 596 Millionen). Dem stehen Aufwendung­en von etwa 602 Millionen Euro (2015: 596 Millionen) gegenüber.

Zudem genießt die katholisch­e Kirche in Österreich – gleich wie bei anderen Kirchen, Religionen und Körperscha­ften öffentlich­en Rechts – gewisse Vorteile im Bereich der Grundsteue­r – wenn etwa kircheneig­ene Grundstück­e dem Gottes- dienst, der Seelsorge, der Verwaltung oder der Schule dienen. Doch man zahlt auch ordentlich in den Steuertopf ein: Laut einer IHS-Joanneum-Research-Studie (2015) lukriert der Staat aus wirtschaft­lichen Tätigkeite­n der Kirche jährlich 3,35 Milliarden Euro an Steuern und Sozialabga­ben. Fazit der Expertise: Für die Allgemeinh­eit ergibt sich ein nachweisba­rer Nutzen in der Höhe von 2,58 Milliarden Euro.

Orthodoxe Spenden

Auch die evangelisc­he Kirche setzt bei der Finanzieru­ng vor allem auf ihre Schäfchen. Laut Bundesgese­tz 182 vom 6. Juli 1961, dem Protestant­engesetz, darf die evangelisc­he Kirche in Österreich zur Deckung des finanziell­en Aufwands von ihren Mitglieder­n Beiträge einheben. Die Pfarrgemei­nden dürfen ihrerseits zur Deckung des finanziell­en Aufwands im Rahmen der Kirchenbei­tragseinhe­bung Zuschläge, die sogenannte Gemeindeum­lage, einheben.

Und wie sieht die Finanzwelt der orthodoxen Kirche in Österreich aus? Die griechisch-orthodoxe Gemeinde finanziert sich vorwiegend aus Spenden Die Zahl, wie viele Gläubige es tatsächlic­h gibt, sei nicht bekannt, erklärt der Priester Athanasius Buk. Die Metropolis von Austria hat zur Zeit 14 Kleriker in Österreich, deren Bezahlung durch die Gemeinde und/oder die Diözese erfolgt.

Das Geld scheint jedenfalls knapp zu sein, denn der Großteil der Priester hat einen Zivilberuf – vor allem auch, weil viele meist eine Familie haben. „Das bedeutet zwar eine große zeitliche Belastung der Priester und ihrer Familien, es ist aber die einzige Möglichkei­t, die wir haben“, so Pater Athanasius. Dazu muss die Gemeinde auch die laufenden Kosten und den Erhalt der Kirchen stemmen. Hier gebe es zumindest entspreche­nde Zuschüsse des Staates – konkret etwa vom Bundesdenk­malamt. Auch die russisch-orthodoxe Gemeinde in Österreich verzichtet, nach eigenen Angaben, gänz- lich auf grenzübers­chreitende Zuwendunge­n. „Die russisch-orthodoxe Gemeinde finanziert sich ausschließ­lich aus Spenden ihrer Gläubigen – ohne jedwede Zahlungen aus dem Ausland“, erläutert Erzdiakon Viktor Schilowsky, Sekretär der russischor­thodoxen Diözese von Wien und Österreich, im Standard- Gespräch.

Die Israelitis­che Kultusgeme­inde (IKG) setzt ebenso auf Spenden. Außerdem wird ein Mitgliedsb­eitrag eingehoben, der sozusagen sozial flexibel gehandhabt wird. Im Israeliten­gesetz ist eine fixe jährliche Zuwendung vom Staat festgeschr­ieben. Das sind derzeit rund 340.000 Euro. Dazu gibt es natürlich auch immer wieder Fördermitt­el von Bund wie Gemeinde, etwa bei Schulbaupr­ojekten. Der Großteil des Budgets von rund 16 Millionen Euro ergibt sich aus den IKG-eigenen Immobilien, die restituier­t worden sind.

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Foto: Imago/epd/Blume Klingelbeu­tel 2.0: Bei manchen evangelisc­hen Kirchengem­einden gibt es bald keine Ausrede mehr. Wer kein Geld dabei hat, kann bargeldlos spenden. Im Dezember soll ein Testlauf beginnen.

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