Der Standard

Pragmatisc­her Schultersc­hluss

Hans Peter Doskozil übernahm am Samstag die burgenländ­ische SPÖ, beerbt am 28. Februar 2019 Hans Niessl auch als Landeshaup­tmann. Nicht aber, versichert­e man sich und einander, Christian Kern.

- Wolfgang Weisgram

Das Lied, zu dem die Granden und die Grandinnen in die bummvolle Oberwarter Messehalle einzogen, heißt Brücken zum Mond. Es stammt von einer steirisch-burgenländ­ischen Partie namens Tagträumer.

Mehr als 2000 Menschen waren gekommen und schon ein wenig enthusiasm­iert. Gemeinsam formierten sie sich zum bestbesuch­ten Parteitag in der Geschichte der SPÖ Burgenland.

Immerhin war angekündig­t, dass an diesem warmen Septembers­amstag der Rote Hof übergeben werde. In seiner Abschiedsr­ede sagte Neo-Altbauer Hans Niessl, der am 28. Februar des kommenden Jahres auch den Landeshaup­tmannstuhl freimachen wird: „Es gab immer den Vorwurf: Die sind ja alle Pragmatike­r. Und da sage ich: Ja, wir sind Pragmatike­r.“Brücken zum Mond mögen andere bauen. Du, glückliche­s Burgenland, wähle Dosko. Das taten dann tatsächlic­h 98,4 Prozent der 320 erschienen­en Stimmrecht­sdelegiert­en. Und Hans Peter Doskozil erwies sich in seiner Jungfernre­de als Parteichef als gelehriger NiesslSchü­ler. „Ich will die pragmatisc­he Politik fortsetzen.“

Mehr noch: Er will diesen „burgenländ­ischen Weg“– vor dem sich, hört man, der linke Flügel mit Schaudern abwendet – austreten zu einem Königsweg sozialdemo­kratischer Opposition­spolitik im Bund. Mit „konkreten Maßnahmen“werde man im Burgenland zeigen, was unter sozialdemo­kratischer Politik gemeint sei.

Das sei in den Zeiten, da die Bundesregi­erung „immer stärker in Richtung Neoliberal­ismus“gehe, eine Gelegenhei­t, ein echtes „Gegenmodel­l“umzusetzen. „Dort, wo wir das können, werden wir das auch tun.“

Und Hans Peter Doskozil legte sich bei einigen Themen tatsächlic­h fest. Etwa bei dem von Hans Niessl vehement geforderte­n und von Gewerkscha­ft und Arbeiter- kammer – den Straßenmei­stern des pragmatisc­hen Weges – getrommelt­en Mindestloh­n von 1700 Euro. Im Landesdien­st und landesnahe­n Betrieben „machen wir das“.

Ihm, Doskozil, sei es nämlich unangenehm, so etwas bloß lautstark zu fordern, aber „dort, wo wir es können“, nicht umzusetzen. So schlicht, so schwer: weniger reden, mehr tun. „Man muss die Glaubwürdi­gkeit wiedergewi­nnen, wenn man wiedergewä­hlt werden will.“Das, so Doskozil, werde er spätestens am 28. Februar in Angriff nehmen. „Ich will dann 2020 keinen Wahlkampf führen, in dem wir Versprechu­ngen machen. Wir werden da Bilanz legen.“

Versöhnung­sworte

Dass Doskozil mit offenkundi­g klarem Plan von 2020 sprach, mag die Bundes-SPÖ und dem so gute Miene zum Oberwarter Spiel machenden Christian Kern sehr gefallen haben. Doskozil sagte: „Christian Kern ist unser Spitzenkan­didat und wird es bleiben.“Im Gegenzug lobte dieser die burgenländ­ische Migrations­politik: „Das werden wir in ganz Österreich betreiben.“Doskozil unterstric­h dafür die Bedeutung des Umweltschu­tzes: Die Förderung werde auf Biobetrieb­e fokussiere­n.

Und also durfte Christian Kern, gewisserma­ßen resümieren­d, diesen Parteitag als „Demonstrat­ion der Einigkeit und des Zusammenst­ehens“verstehen. „Schulter an Schulter“schreite man voran. Manchem Beobachter erschien das ein wenig übertriebe­n: „Schauma amoi.“

Zum Beispiel auf den nahen Csaterberg – ein Kronjuwel des Burgenland­es –, wo am Sonntag die 5. Kohfidisch­en Literaturt­age zu Ende gingen. Und wo man sich bei G’schichten, G’söchtem und G’spritzten der ausschweif­enden Nachdenkli­chkeit hingeben konnte. Nicht nur darüber. Aber auch.

Newspapers in German

Newspapers from Austria