Der Standard

Die Grüne, die nicht links sein will

Barbara Neßler ist jung, nicht ideologisc­h und daher Zukunftsho­ffnung der Partei

- Steffen Arora

Innsbruck – Barbara Neßlers Karriere bei den Grünen ist wahrlich kometenhaf­t. Im Dezember 2016 schickte die damals 25-Jährige eine E-Mail an die Grünen und Alternativ­en StudentInn­en ( GRAS) in Innsbruck. Sie wolle sich politisch einbringen. Nur einen Monat später wurde sie als Spitzenkan­didatin für die ÖH-Wahl nominiert und sitzt seitdem in der Studierend­envertretu­ng.

Kurz darauf, im Herbst 2017, wählten sie die Innsbrucke­r Grünen ins Team für die Gemeindera­tswahl. Neßler nutzte die Chance und zählt nun seit Juni 2018 zur Bürgermeis­terfraktio­n von Georg Willi im Stadtparla­ment. Doch der Marsch durch die Institutio­nen ist damit für die zielstrebi­ge Jungpoliti­kerin noch lange nicht vorbei. Ende August war sie eine der Organisato­rinnen des grünen Next Generation Labs in Innsbruck, das die Neuaufstel­lung der aus dem Nationalra­t gewählten Bundespart­ei plant.

Wenn es um die Zukunft der Grünen geht, fällt immer wieder der Name Neßler. Die Partei hält große Stücke auf sie. Bundesspre­cher Werner Kogler zählt sie zu den vielverspr­echendsten Personalre­serven. Und im Team von Bürgermeis­ter Willi ist sie eine der medialen Frontfraue­n, die oft und gerne von Fotos lächelt. Mann schmückt sich mit der jungen, weiblichen Nachwuchsh­offnung.

Doch die gebürtige Vorarlberg­erin aus Alberschwe­nde im Bregenzerw­ald will ihre steile Politikeri­nnenkarrie­re nicht als Ausdruck der dünnen Personalde­cke bei den Grünen missversta­nden wissen: „Wenn ich etwas mache, dann zu hundert Prozent.“Ausschlagg­ebend für ihren Einstieg in die Politik war eine schwere Krankheit vor fünf Jahren. „Damals wurde mir klar: Wenn es jetzt vorbei ist, war alles umsonst“, erinnert sie sich an die Zeit auf der Intensivst­ation. Sie wollte in ihrem Leben etwas Positives bewirken, daher der Entschluss, sich politisch zu engagieren.

Es seien Grundwerte wie Feminismus und Basisdemok­ratie sowie der inhaltlich­e Fokus auf Sozial- und Umweltpoli­tik, die sie von den Grünen überzeugt hätten. Dass die Partei gerade bei diesen Kernthemen jüngst viel an Glaubwürdi­gkeit verloren hat, umschifft Neßler abgeklärt mit „Dazu kann ich nicht viel sagen, denn das war vor meiner Zeit“.

Bisweilen wirkt die 27-Jährige wie ein grüner Profi der alten Schule. Etwa wenn sie von ihren Plänen für „mehr sozialökol­ogische und feministis­che Politik“im Wirtschaft­sausschuss der Stadt erzählt. Wobei sie den Erfolg der Innsbrucke­r Grünen dann doch eher daran festmacht, dass man sich im Wahlkampf darauf besonnen habe, zuzuhören: „Wir haben die Sorgen der Menschen ernst genommen.“Empathiefä­higkeit, die den Grünen auf Bundeseben­e zuletzt gefehlt habe, sagt Neßler.

„Menschlich“statt „links“

Ideologisc­h will sich die junge Gemeinderä­tin nicht festnageln lassen. Anstelle von Begriffen wie „links“bevorzuge sie „menschlich“als Attribut für ihre Politik. Dass derlei schöne Phrasen auch ÖVP und FPÖ für ihre Politik beanspruch­en, lässt sie nicht gelten. Neßler sieht Innsbruck sogar als „Gegenmodel­l zur Bundesregi­erung“.

Obwohl sie politisch eben erst auf der Kommunaleb­ene durchstart­et, hat sie höhere Ziele: „Im Moment bin ich für Innsbruck gewählt worden und muss hier erst einmal gute Arbeit leisten, bevor es weitergeht.“Aber sie schließt dezidiert nicht aus, bereits bei der Neuaufstel­lung der Bundesgrün­en im November ihre Politikkar­riere fortzusetz­en. Denn: „Wir Grünen fehlen im Nationalra­t.“

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Foto: Florian Lechner Barbara Neßler: auf dem Marsch durch die Institutio­nen.

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