Der Standard

Vorgetäusc­hter Überfall in der Hoffnung auf „schnelles Geld“

Drei Monate bedingt für junges Paar in Schuldenfa­lle

- Michael Mösenender

Wien – Junge Menschen haben es derzeit gut, schließlic­h werden sie von den regierende­n Politikern mit guten Ideen geradezu überhäuft. Bundeskanz­ler Sebastian Kurz (Liste Sebastian Kurz – Die neue Volksparte­i) empfahl im Vorjahr den Kauf von Eigentumsw­ohnungen als probates Mittel im Kampf gegen Altersarmu­t, Sozialmini­sterin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) ist überzeugt, dass über die Wohnkosten hinaus 150 Euro monatlich zum Leben reichen. Bianca A. und Stefan N. haben diese weisen Ratschläge in den Wind geschlagen und müssen sich daher vor Richter Marc Farkas verantwort­en.

Das Paar, sie 22, er 21 Jahre alt, ist unbescholt­en und hat eine kleine Tochter. Als die zur Welt kam, schien die Zukunft noch voller Versprechu­ngen. Heute sind sie getrennt, A. ist arbeitslos und lebt von 350 Euro Notstandsh­ilfe, N. hat eine Beschäftig­ung mit 1500 Euro Nettoeinko­mmen, ist aber in Privatkonk­urs und muss 60.000 Euro Schulden, unter anderem für einen Wohnungskr­edit, abstottern. Nun drohen den beiden bis zu drei Jahre Haft für schweren Betrug.

Bares von „Freunden“

Was war geschehen? Zweitangek­lagter N. hat heuer seinen Job bei einer Handelsfir­ma verloren. „Die ersten Wochen bekommt man gar kein Geld, dann hat mich meine Mutter hinausgesc­hmissen“, erzählt er dem Richter. Also borgte er sich Bares von „Freun- den“aus. Erstangekl­agte A. beschreibt diese so: „Das waren Leute, die nicht recht freundlich waren und gedroht haben, als er die Schulden nicht bezahlte.“

„Wir haben uns nicht mehr hinausgese­hen“, entschuldi­gt A. den Plan, der gemeinsam gefasst wurde. Die 22-Jährige täuschte am 11. Juni, damals war sie noch bei einem Handelsunt­ernehmen beschäftig­t, vor, beim Transport der Tageslosun­g überfallen worden zu sein. 5750 Euro schafften es daher nicht zur Bank.

Ein Radfahrer habe ihr die Handtasche von der Schulter gerissen, sagte die junge Frau der Polizei, in Wahrheit hatte sie sich mit N. getroffen und ihm das Geld gegeben. Besonders kaltblütig dürfte A. nicht sein – schon bei der Besichtigu­ng des angebliche­n Tatortes verwickelt­e sie sich in derartige Widersprüc­he, dass die Ermittler misstrauis­ch wurden und sie schließlic­h gestand.

4170 Euro konnten an ihren Arbeitgebe­r zurückgege­ben werden, mit dem Rest hatte N. seine Außenständ­e beglichen. „Dass das keine schlaue Idee war, wissen Sie?“, fragt der Richter. „Es war eine dumme Idee“, gesteht der Zweitangek­lagte ein. „Aber es ging um schnelles Geld.“

Farkas und der Staatsanwa­lt sind gnädig und lassen dem Duo eine Perspektiv­e: Die beiden erhalten rechtskräf­tig je drei Monate bedingt, die nicht im Strafregis­terauszug vulgo Leumundsze­ugnis aufscheine­n. Die erbeuteten und noch nicht retournier­ten 1580 Euro müssen sie an die geschädigt­e Firma zurückzahl­en.

Newspapers in German

Newspapers from Austria