„Denkzettel“oder „Aussprache“
Vier junge Frauen sollen 17-Jährige verprügelt haben
Wien – Einst waren Christina H. und Agnieszka L. (Namen geändert, Anm.) beste Freundinnen. Nun muss sich H. gemeinsam mit drei weiblichen Mitangeklagten vor einem Schöffengericht unter Vorsitz von Daniela Zwangsleitner verantworten.
Die vier Angeklagten sind zwischen 18 und 20 Jahre alt und sollen Ende November 2017 die damals 17-jährige L. in einen Favoritner Park gelockt und geschlagen haben. Ungewöhnlich an dem Fall ist, dass das Opfer, dessen Verletzungen dokumentiert sind, an den ersten beiden Verhandlungstagen plötzlich ausgesagt hat, sie sei von mehreren Afghanen verprügelt worden. Obwohl Erst- und Viertangeklagte geständig sind.
Ungewöhnlich ist auch die Zusammensetzung der Angeklagten. Alle leben in verschiedenen Bezirken und haben unterschiedliche ethnische Wurzeln. Die erste und die dritte sind unbescholten und Lehrlinge. Auch die zweite ist Lehrling, hat aber bis 2015 schon drei Vorstrafen gesammelt. Nummer vier macht derzeit einen Berufsorientierungskurs, hat mit fünf Vorstrafen und einigen Monaten in Haft gleichzeitig schon die meiste Erfahrung mit der Justiz, zeigt aber noch Schwächen bezüglich der korrekten Adjustierung. „Wir sind da vor Gericht und sitzen nicht im Bad“, ermahnt Zwangsleitner die 20-Jährige, die mit einer schulterfreien Carmenbluse gekommen ist. Stumm nimmt die Angesprochene ein Tuch aus ihrer Handtasche und verhüllt die Schultern.
Warum sich Zweitangeklagte H. und Opfer L. zerstritten haben, wird nie richtig klar. Für die Staatsanwaltschaft ist aber klar, dass es um einen „Denkzettel“für L. ging. Stimmt nicht, sagen die Verteidigerinnen und Verteidiger, es ging um eine Aussprache, die eskaliert sei.
Das hätten auch Dritt- und Viertangeklagte geglaubt, die zufällig bei H. zu Besuch gewesen seien, als die zum Treffen ging. Sie hätten sich daher im Park zunächst versteckt, als Erst- und Zweitangeklagte begannen, auf das Opfer einzuschlagen. Erst als sie von der Erstangeklagten aufgefordert wurden, auch zuzuschlagen, seien sie aktiv geworden. Wobei die Drittangeklagte beteuert: „Ich habe nur so getan, als ob ich zutrete, da ich Angst hatte.“
Der Schöffensenat glaubt auch, dass nur die Angeklagten Nummer eins und zwei wussten, was geplant war. Die unbescholtene Erstangeklagte erhält zwei Monate bedingt; die dreifach vorbestrafte H. bekommt neun Monate, davon drei unbedingt; die Drittangeklagte wird freigesprochen, und die fünffach vorbelastete Viertangeklagte, deren Bewährungshelferin eine Lanze für sie bricht, fasst zwölf Monaten aus, davon ebenfalls nur drei Monate unbedingt.