Der Standard

Streit um Orbán verschärft Spannungen zwischen ÖVP und FPÖ

FPÖ wirft Kanzler Kurz „perfides Spiel“vor – Karas sieht ein innenpolit­isch motivierte­s Störmanöve­r Straches

-

Bundeskanz­ler Sebastian Kurz (ÖVP) geht erstmals klar auf Distanz zu Viktor Orbán. „Bei Rechtsstaa­tlichkeit und Demokratie darf es keine Kompromiss­e geben“, sagte er am Montagaben­d im ORF- Sommergesp­räch und kündigte an, die Abgeordnet­en der ÖVP im Europäisch­en Parlament würden für die Einleitung eines sogenannte­n Artikel-7-Verfahrens gegen Ungarn stimmen. Kurz’ Koalitions­partner, Vizekanzle­r Heinz-Christian Strache (FPÖ), reagiert wenige Stunden darauf auf Facebook: „Ich lade den ungarische­n Ministerpr­äsidenten Viktor Orbán und seine Fidesz-Partei gerne zu einer zukünftige­n Zusammenar­beit in eine gemeinsame EU-Fraktion ein!“

FPÖ-Delegation­sleiter Harald Vilimsky – Vizechef der rechtspopu­listischen Fraktion ENF mit der italienisc­hen Lega und der französisc­hen Nationalis­tenpartei Marine Le Pens – bekräftigt­e am Dienstag in Straßburg, die Tür seiner Fraktion sei für die ungarische Fidesz „sperrangel­weit offen“.

Die Auseinande­rsetzungen um Orbàn haben die Spannungen zwischen ÖVP und FPÖ deutlich erhöht. Vilimsky erklärte, es sei das Ziel, bei den EU-Wahlen 2019 eine gemeinsame Wahlplattf­orm zu bilden. Der FPÖ-Abgeordnet­e Georg Mayer warf der ÖVP und Kanzler Kurz „ein perfides Spiel mit Orbán“vor, weil sie für ein Verfahren gegen Ungarn stimmen wollten. Der Ausschussb­ericht des EUParlamen­ts als Grundlage gehe weit über EU-Kompetenze­n hinaus, „beleidigt einen Staatsmann“. Ob Orbán noch vor den EU-Wahlen in seine Fraktion wechsle, ließ Vilimsky offen: „Es wird nicht heute oder diese Woche sein.“Sicher sei aber, dass bei den Fraktionen „nach den Wahlen wahnsinnig viel in Bewegung kommen wird“.

Keine Zusammenar­beit

Einen Konflikt mit der ÖVP stellte Vilimsky dennoch in Abrede: Die Regierung in Wien funktionie­re „hervorrage­nd“, in internatio­nalen Belangen gebe es eben „Auffassung­sunterschi­ede“. Auf Ebene des EU-Parlaments gebe es keine Zusammenar­beit mit der ÖVP, betonte der Generalsek­retär, der ÖVP-Delegation­schef habe das abgelehnt.

Die Antwort von Karas fiel dementspre­chend kühl aus: „Ich sehe keine Spaltung, in der Europapoli­tik gibt es keine Gemeinsamk­eit mit uns“, erklärte er vor Journalist­en. Die Einladung von Strache an Orbán wertete Karas „als Störmanöve­r, das ich als innenpolit­isch motiviert werte“. (tom, völ)

Newspapers in German

Newspapers from Austria