„Kein Desaster“und die Frage nach dem Kredit
In der sechsten Runde der Untersuchungskommission zum Bau des Krankenhauses Nord sagten prominente ehemalige SPÖ-Politikerinnen aus. Abgeordneten wurden interessante Infos zugespielt.
In allen bisherigen Sitzungen der Untersuchungskommission, die die politische Verantwortung für Verzögerungen und Mehrkosten beim Krankenhaus Nord in Wien Floridsdorf klären soll, war auf eines Verlass: Die Abgeordneten der FPÖ befragen Zeugen nach einem möglichen Naheverhältnis zwischen Siemens und SPÖ. Was die fünf Gemeinderäte besonders stört: Dass die ehemalige Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ) zu Siemens gewechselt ist, wo auch ihr Vater beschäftigt war. Und dass auch Thomas Balazs, ehemaliger Direktor des Wiener Krankenanstaltenverbundes (KAV), bei diesem Konzern gearbeitet hat.
Am Dienstag konnten die Blauen ihre Fragen einer für die Beantwortung kompetenten Person stellen: Als Zeugin geladen war nämlich Brigitte Ederer, die bekanntlich vor ihrem Wechsel zu Siemens – sie war Vorstandsvorsitzende in Österreich, bevor sie nach München in den Vorstand der Zentrale wechselte – als SPÖPolitikerin von der Stadträtin bis zur Staatssekretärin aufstieg.
Karrieren von Ex-Politikern
Ederer führte für Siemens die Verhandlungen innerhalb des Konsortiums mit Porr und Vamed. Gemeinsam hatte man mit dem KAV über die Errichtung des Spitals verhandelt, bis diese Gespräche 2010 scheiterten und der KAV beschloss, das Grundstück zu kaufen und selbst zu bauen.
Hat Siemens also etwas mit den Bestellungen von Balazs zu tun? Ederer, heute laut eigener Beschreibungen Privatier, verneint deutlich. „Ich halte es für demokratiepolitisch bedenklich, dass in diesem Land ein Klima herrscht, dass ein Politiker nach dem Ausscheiden aus der Politik am besten am Schwedenplatz betteln geht, und alles andere geht nicht“, sagt sie zur anhaltenden Diskussion um Verflechtungen von Politik und Wirtschaft. Sie habe auch nichts mit der Bestellung von KAV-Direktor Udo Janßen zu tun gehabt, dessen Vater bei Siemens gearbeitet haben soll. Sie wäre sowieso vorsichtig damit, deutsche Manager einzusetzen, denn: „Wien ist ein eigenes Biotop, da tun Sie sich als Deutscher oft schwer.“
Großteils ging es bei der Befragung Ederers um die Verhandlungen zwischen Konsortium und KAV. Diese hätten deswegen so lange gedauert, weil die Stimmung sehr angespannt gewesen sei. Man hatte sich irgendwann dem Preis von 825 Millionen angenähert, allerdings wäre das für die Siemens-Zentrale zu wenig gewesen. Gleichzeitig sei dem KAV naturgemäß „alles zu teuer“gewesen, sagt Ederer. Der Darstellung von Porr-Chef Wolfgang Hesoun, der in der letzten Sitzung aussagte, man hätte das Spital als Konsortium wahrscheinlich für diesen Preis errichten können, widersprach die ehemalige Managerin also.
Zum Abbruch der Gespräche mit dem Konsortium – das wurde von mehreren Zeugen geschildert – habe außerdem eine Empfehlung der Europäischen Investitionsbank (EIB) geführt. Mit ihr war die Stadt in Gesprächen für einen Kredit. Hesoun und Ederer zufolge habe man den Unternehmen des Konsortiums mitgeteilt, dass ein Abweichen vom bisherigen Modell mit dem Konsortium Voraussetzung für die Finanzierung sei. Ein Dokument, das den Neos zugespielt wurde, zeigt nun allerdings: So stimmt das nicht. Gesundheitssprecher Stefan Gara zufolge hätte die EIB dem KAV drei Möglichkeiten offengelassen.
Ederer sei ob der Entscheidung, dass kein Vertrag mit dem Konsortium zustandekommt, jedenfalls „traurig und irritiert“gewesen, die Zentrale habe sich aber „wahrscheinlich gefreut“. Der Bau sei für sie jedenfalls „kein Desaster“, solche riesigen Projekte seien immer mit enormem Risiko verbunden.
Renate Brauner, die zweite Zeugin, war es, die 2005 als Gesundheitsstadträtin (SPÖ) erstmals ein Krankenhaus für den Norden Wiens erwähnte. 2007 wurde sie Finanzstadträtin und blieb natürlich auch in dieser Funktion mit dem Megaprojekt verbunden. Auch sie wurde daher zur Finanzierung befragt. Die zuständige Magistratsabteilung habe sich laufend am Markt informiert und Vergleichsangebote eingeholt. Ein Fehlen solcher kritisierte ja der Rechnungshof.
Sorge wegen Spekulation
In seiner Prüfung beschrieb der Rechnungshof außerdem das Vorgehen, auch die Bereitstellung eines passenden Grundstücks zu verlangen, mehrmals als „untypisch“. Was bei der Diskussion um diese Junktimierung untergehe sei, „dass der KAV sich immer einen Plan B offengelassen hat“, sagte Brauner. Es habe vonseiten der Stadt die große Sorge gegeben, dass die Preise enorm in die Höhe gehen, wenn das Grundstück nicht selbst mitgebracht werden muss, so die jetzige „Bevollmächtigte der Stadt Wien für Daseinsvorsorge und Kommunalwirtschaft“. Das habe man bei der Diskussion um ein neues Stadion für die Austria Wien gesehen und beim Spital verhindern wollen.
Einen Schritt davor geht es noch um die Grundstücksauswahl. Hier konnte der Grüne David Ellensohn Interessantes berichten: Demnach hätten Porr, Siemens und Vamed die Verfügungsoption schriftlich zunächst nicht garantieren können. Wieso die Wahl auf die ÖBB-Gründe fiel, konnte Brauner nicht beantworten, das habe eine Kommission mit Experten zu bewerten gehabt.