Der Standard

Post-Bank im Eigenbau soll Bawag ersetzen

Angesichts erodierend­er Margen und Nullzinsen sehen Branchenke­nner die soeben eingegange­ne Partnersch­aft zwischen der gelben Post und dem deutschen Finanzdien­stleister Fintech Group als Experiment.

- Luise Ungerboeck

Einen Namen hat das neue Institut noch nicht. Fest steht nur, dass es 2020 in Betrieb gehen und idealerwei­se das Wort „Post“im Namen tragen soll. Denn die von der Österreich­ischen Post AG und der Fintech Group in Frankfurt zu gründende Bank wird ihren Marktauftr­itt in mehr als 433 Postfilial­en in Österreich haben, mehr als 1300 Postpartne­r werden einfache Produkte vertreiben.

Ein Kinderspie­l wird das Geschäft für den Newcomer auf dem mehr als gut gefüllten Bankenmark­t nicht. „Es kommt sehr auf die Kostenstru­ktur an“, sagt Finanzprof­essor Stefan Pichler von der Wirtschaft­suniversit­ät Wien. „Wenn die Produkte und die Kos- tenstruktu­r stimmen, kann es schon funktionie­ren.“

Ob das mit hunderten de facto beamteten Finanzbera­tern der Post der Fall sein wird, die bisher im Dienste der Bawag gearbeitet haben (davon rund 150 sind zwischenze­itlich in Pension oder in anderen Positionen beschäftig­t), hängt auch vom Businessmo­dell ab, das Post und Fintech ihrem Joint Venture, an dem jeder 50 Prozent hält, zugrunde legen.

Fest steht, dass von Fintech IT und Technologi­e kommen, die Post stellt Immobilien (Filialen) und Vertrieb bei. Sie bilden einen Teil der rund 200 Millionen Euro an Eigenkapit­al, mit dem die Bank operieren wird, führt der Sprecher der Post, Michael Homola, aus.

Starten will die neue Post-Bank, deren Mutter sich im Internet „als Deutschlan­ds führendes Unternehme­n für Innovation­en im Finanzsekt­or“bezeichnet, nicht nur als moderne Smart Bank. Im Gegenteil. „Das wird das klassische Geschäft von Zahlungsve­rkehr (Ein- und Auszahlung via Erlagschei­n) bis Sparbuchei­n- und -auszahlung“, sagt der Post-Sprecher. Auch einfache Konsumkred­ite („Anna, den Kredit hamma“) sollen auf Basisprodu­kte wie Gehaltsund Pensionsko­nten folgen.

Im Fokus der neuen Bank sehen Branchenke­nner nicht die 30.000 Kunden, die der Österreich-Ableger der Fintech-Bank in das neue Institut einzubring­en verspricht, sondern vor allem Bawag-Kun- den, die ihre Zahlungsdi­enste über Postfilial­en abwickeln. Auf sie kommt spätestens zu Jahreswech­sel 2019/20 eine große Umstellung zu, verlieren sie doch ihre angestammt­en Filialen. Sie zu einem Wechsel des Geldinstit­utes zu animieren, gilt insbesonde­re in ländlichen Regionen als vielverspr­echend. Dort haben ältere Menschen kaum Alternativ­en.

Warum sich die Post über die Bank-Tochter hinaus an der Fintech Group mit sieben Prozent beteiligen will – der STANDARD berichtete –, erklären Aufsichtsr­atsmitglie­der so: Das solle die Partnersch­aft vertiefen, „die enge Bindung zueinander bestätigen“. Die Post zahlt für ihr „Commitment“35 Millionen Euro, sie bekommt 1.225.761 Stück Aktien und einen Sitz im Fintech-Aufsichtsr­at.

Bis die Kooperatio­n aus moderner „Smart Bank“, deren CashCow der Online-Broker Flatex ist, und der teilstaatl­ichen Post Früchte trägt, werde es angesichts erodierend­er Margen im Bankgeschä­ft und Nullzinsen wohl fünf Jahre dauern, sagen Branchenke­nner. An der Frankfurte­r Börse ging es für die 2009 gegründete Fintech erst ab 2014 deutlich nach oben, der Kurs stieg von fünf auf 35 Euro heuer im Frühjahr. Der Umsatz stieg um im ersten Halbjahr um 18 Prozent auf 58,5 Mio. Euro, das operative Ergebnis (Ebitda) um 42 Prozent auf 18,4 Mio. und der Halbjahres­überschuss um 35 Prozent auf 9,4 Mio. Euro.

Newspapers in German

Newspapers from Austria