Rücktritt eines Vorläufers
Ursprünglich hätte Florian Gschwandtner einen Bauernhof übernehmen sollen. Stattdessen baute er das Start-up Runtastic auf und verkaufte es um 220 Millionen Euro. Jetzt zieht er sich zurück.
Selbst wer mit der heimischen Start-up-Szene überhaupt nichts zu tun hat, hat ziemlich sicher schon einmal den Namen Florian Gschwandtner gehört. Er ist das Gesicht und Miterfinder der weltweit erfolgreichen Fitnessapp Runtastic. Am Montag ließ der medial sehr präsente Gschwandtner einmal mehr aufhorchen – und zwar mit seinem Rückzug aus dem Unternehmen. Publik machte er die Entscheidung via Social Media, wie es sich für einen „Start-uper“gehört.
„Es waren zehn wundervolle Jahre. Jetzt werde ich einmal für drei bis sechs Monate Auszeit nehmen“, schrieb der 35-Jährige auf Facebook. Mit Jahresende legt er seine Funktion als Geschäftsführer zurück und übergibt an die Runtastic-Mitgründer Alfred Luger und Christian Kaar. Bereits im Sommer äußerte Gschwandtner gegenüber dem Standard, dass er beruflich etwas kürzer treten wolle. Von Rücktritt war damals im Juli noch keine Rede.
Gschwandtner betätigt sich seit einiger Zeit selbst als Investor. Das Bild wird mit seinen TV-Plänen ab- gerundet: Er wird in der nächsten Staffel der Puls-4-Show 2 Minuten 2 Millionen in der Jury Platz nehmen, um Jungunternehmer zu beurteilen und in deren Plan zu investieren. Gschwandtner löst damit seinen langjährigen Vorgänger Michael Altrichter ab.
Überdies erscheint am 24. September das Buch So läuft Start-up. Mein Leben, meine Erfolgsgeheimnisse, in dem Gschwandtner seine Erfahrungen und Erlebnisse der vergangenen zehn Jahre reflektiert. Er kündigte außerdem an, einige Punkte auf seiner To-do-Liste abhaken zu wollen, und forderte die Facebook-Community auf, ihm Ideen und Tipps in die Kommentarleiste zu schreiben.
Vom Nebenjob zum Exit
Runtastic wurde 2009 in Linz gegründet. Anfangs sahen sowohl Gschwandtner als auch seine drei Mitgründer Runtastic nur als ein Projekt neben ihren eigentlichen Brotberufen. „Die Entscheidung, unsere Jobs zu kündigen, erzeugte viel Gegenwehr, alle prophezeiten uns, wir würden scheitern. Das hat mich noch mehr motiviert“, sagt Gschwandtner. Ziel war es, Läufern das Dokumentieren der eigenen Leistung zu erleichtern.
Das Konzept der oberösterreicher Firma stieß schnell auf Investoreninteresse. Anfang 2011 stiegen bekannte Business-Angels wie Bernhard Lehner und Stefan Kalteis ein. Ein paar Monate später gelang der Schritt in die USA, Runtastic eröffnete ein Büro in San Francisco. Mitte 2012 erfolgte der entscheidende Einstieg der österreichischen Investorenkoryphäe Hansi Hansmann.
In weiterer Folge übernahm der Axel-Springer-Verlag 50,1 Prozent der Firmenanteile, bis im August 2015 Adidas ins Spiel kam. Zu diesem Zeitpunkt verzeichnete die App bereits 65 Millionen User, aktuell sind es mehr als 100 Millionen. Um 220 Millionen Euro übernahm danach der deutsche Sportartikelkonzern Runtastic zur Gänze. Das ist nach wie vor der größte Exit eines österreichischen Start-ups. Gschwandtner blieb nach der Übernahme als CEO der Adidas-Tochter aktiv.
Auch auf der Politbühne trat Gschwandter zumindest im Hin- tergrund auf: Während der Koalitionsgespräche der ÖVP-FPÖ-Regierung war er als Berater im Bereich „Digitalisierung und Innovation“aktiv. Laut eigenen Angaben habe er sich dafür eingesetzt, banale Dinge schneller zu digitalisieren und nicht auf bestehenden IT-Systemen aufzubauen, sondern grundsätzlich neue zu entwickeln. Programmieren als dritte Fremdsprache in der Grundschule lautete ein weiteres Anliegen.
Jugend und Werdegang
Geboren wurde Gschwandtner in Steyr in Oberösterreich, wuchs allerdings auf einem Bauernhof im niederösterreichischen Strengberg auf. Er besuchte eine landwirtschaftliche Schule in Wieselburg und im Anschluss die Fachhochschule Hagenberg. Seine Eltern hätten sich gewünscht, dass er den Bauernhof übernimmt. Das sah der Spross jedoch anders: Bereits in der Landwirtschaftsschule habe er andere Interessen gehabt als seine Mitschüler und sich dort fehl am Platz gefühlt. Im Alter von 26 Jahren gründete er Runtastic.