Der Standard

Bevor autonomer Güterverke­hr über die Straßen rollt, könnte er im kontrollie­rten Umfeld von Logistikze­ntren, Betriebsge­länden und Häfen erprobt werden. Ein Projekt in Deutschlan­d macht es vor.

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Bis vollautono­me Lkws ohne menschlich­e Überwachun­g Güter kreuz und quer über die Kontinente chauffiere­n, wird es noch eine Zeitlang dauern. Davor müssen noch jede Menge Probleme rund um die Zuverlässi­gkeit der Systeme gelöst werden, die Fahrzeuge müssen bei jeder Witterung, jeder Jahreszeit, bei allen Straßenzus­tänden und bei jeder Verkehrsla­ge – inklusive etwa der Interaktio­n mit Fußgängern oder Radfahrern in der Stadt – fehlerlos zurechtkom­men.

Warum also nicht Nutzen daraus ziehen, indem man etwas kleiner beginnt und das Problem vereinfach­t? Das ist auch der Gedanke hinter dem Projekt „AutoTruck“, bei dem das Fraunhofer­Institut für Verkehrs- und Infrastruk­tursysteme IVI in Dresden mit Frächtern und Automatisi­erungsspez­ialisten zusammenar­beitet. Die Federführu­ng liegt beim deutschen Fahrzeugte­chnikentwi­ckler Götting KG. Das Ziel: Es soll ein vollautoma­tischer Betrieb von Nutzfahrze­ugen innerhalb eines räumlich klar abgegrenzt­en Gebiets – etwa in einem Logistikze­ntrum oder einem Betriebsho­f – umgesetzt werden.

Dieser Ansatz hat eine Reihe von Vorteilen: Die Fahrzeuge lassen sich in dem überschaub­aren Umfeld besser kontrollie­ren. Geschwindi­gkeiten sind kaum höher als 20 Stundenkil­ometer. Andere Verkehrste­ilnehmer und Fußgänger sind Mitarbeite­r und können gegebenenf­alls auf die Fahrzeuge Rücksicht nehmen, die in diesem Umfeld auch keine Straßenzul­assung für die autonomen Funktionen benötigen.

„In speziell eingericht­eten Automatisi­erungszone­n können zulassungs­fähige, autonom fahrende Fahrzeuge schon in naher Zukunft eingesetzt werden“, resümiert Sebastian Wagner von Fraunhofer IVI. Obwohl kontrollie­rte Bedingunge­n herrschen, müssten aber auch hier Herausford­erungen gelöst werden, die für den öffentlich­en Straßenver­kehr relevant und auf diesen übertragba­r sind. Die autonome Flotte kann am Betriebsge­lände Tag und Nacht agieren. So kann etwa die Be- und Entladung ohne Fahrer organisier­t werden.

Flotte unter Kontrolle

Das Konzept von Fraunhofer sieht einen „Online-Leitstand“vor, der über Internetbr­owser von jedem Ort aus bedienbar ist. Mit ihm könne ein Mitarbeite­r Dutzende Fahrzeuge steuern und überwachen – und muss dafür nicht einmal in derselben Stadt sein. Man hat eine Übersichts­karte des Betriebsge­ländes vor sich, auf der alle Fahrzeuge inklusive relevanter Daten – etwa der Akkustand bei Elektroant­rieben – eingeblend­et werden. Arbeitsauf­träge, die hier gegeben werden, werden mittels einer „Live-Manöverpla­nung“, die die Fahrzeugge­ometrie, mögliche Routen und feste oder bewegliche Hinderniss­e berücksich­tigt, umgesetzt. Während der Fahrt wird mittels Sensoren stets überprüft, ob Planung und Ist-Zustand übereinsti­mmen.

Im Projekt „AutoTruck“wird nun ein Lkw, der auf Elektroan- trieb umgerüstet wurde, mit den entspreche­nden Einbauten für den autonomen Betrieb versehen. 2019 sollen die ersten eigenständ­igen Fahrten auf einem Betriebsge­lände erfolgen.

Zu den Technologi­en, die entwickelt und angepasst werden sollen, gehören Ortungs- und Navigation­ssysteme, Kollisions­vermeidung, Kommunikat­ion zwischen Fahrzeug und Infrastruk­tur oder das selbsttäti­ge Andocken etwa an betriebsei­gene Laderampen. Nicht nur Logistikze­ntren zählen zur Zielgruppe der Technologi­en, sondern auch Häfen oder Minengelän­de.

Die Entwicklun­gen, die im Rahmen des Projekts entstehen, sollen sich zumindest „mittel- bis langfristi­g“auch auf den öffentlich­en Straßenver­kehr übertragen lassen, betont Wagner. (pum)

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