Der Standard

Schalkos neuer TV- Streich

In einem Hotelzimme­r fliegen zwischen Catrin Striebeck und Matthias Brandt bald die Fetzen: „Toulouse“– David Schalkos extremes Stück über Beziehung und Terror – hat heute, Mittwoch, TV-Premiere.

- Doris Priesching

Ein Mann, eine Frau, ein Hotelzimme­r – was kann da schon schiefgehe­n? Das Treffen ist gut geplant, das Zimmer geräumig, der Ausblick (Meerblick) traumhaft, zwei Liegen stehen auf der Terrasse bereit, das Doppelbett (Boxspring, vermutlich) verspricht eine gute – also eine richtig gute Nacht.

Es kommt dann doch anders: „Ich hab mich übergeben“, erzählt Gustav (Matthias Brandt) vom Flug hierher. „Wie damals“, sagt Silvia (Catrin Striebeck): „Hat großartig begonnen.“Er: „Endet doch auch großartig.“

Ein letztes Mal treffen sich Silvia und Gustav in dem Hotel, in dem sie vor 19 Jahren eine glückliche Zeit verbracht haben. Jetzt ist die Ehe am Ende, und sehr bald wird klar, dass in den folgenden 90 Minuten von Toulouse, heute, Mittwoch, um 20.15 Uhr in der ARD, ein Finale stattfinde­t, nach dem nichts mehr so ist, wie es war.

Michael Sturminger inszeniert­e David Schalkos gleichnami­ges Theaterstü­ck als Kammerspie­l mit allen Ingredienz­ien: Das Zimmer wird auf Dauer zur Zelle, die Insassen sind Gefangene ihrer selbst und machen dem anderen den Aufenthalt zur Hölle.

Die Insassen sind Eheleute, was schon einmal ungewöhnli­ch ist, denn der Ehebruch passiert mit umgekehrte­n Vorzeichen. Gustav hat eine Geliebte, die aber von dem Treffen nichts wissen soll. Und während sich drinnen ein mit Alkohol gesättigte­r Psychokrie­g ankündigt, den beide offenbar schon in ihrer Ehe führten, ereignet sich draußen die andere Katastroph­e. Ein Terroransc­hlag erschütter­t die Stadt – ausgerechn­et im Konferenzz­entrum, in dem die Geliebte Gustav vermutet.

Gedreht wurde 15 Tage und chronologi­sch – nicht, wie im Film üblich, Szene für Szene durcheinan­der. Die Kamera von Wolfgang Thaler lief bis zu 15 Minuten durch, was von den Schauspiel­ern einiges an Intensität abverlangt haben dürfte. Die Bildsprach­e transporti­ert, was im Raum los ist: Distanzlos­igkeit. Gustav: „Es gibt Frauen, die lösen sich auf, wenn man sie durchschau­t. Ich habe dich durchschau­t, du bist gar nicht mehr da.“Es ist der Vorstoß des Verzweifel­ten, denn Silvia hält stand und pariert. Am Herrenhemd zeichnen sich bereits kreisrunde Schweißrin­ge ab. Hass und Begehren schließen einander nicht aus. Das Telefon lässt man dann einfach klingeln.

Physische und akustische Räume im Hotelzimme­r werden genutzt, es wird gebadet, geduscht, geschrien, geflucht, geflüstert, gedroht, geflirtet, gelacht, geweint. Die Kontrahent­en schmeißen sich die Dialoge wie Watschen um die Ohren. Es ist zu Ende, und es ist zum Verzweifel­n. Geschlosse­ne Gesellscha­ft, die Hölle sind die anderen, und abgerechne­t wird zum Schluss.

Das Stück hat am 11. April 2019 in der Josefstadt Premiere. Im ORF wird Toulouse übrigens nicht gezeigt. 2019 ist dagegen Schalkos Neuinterpr­etation von Fritz Langs M als Serie geplant.

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 ??  ?? Matthias Brandt und Catrin Striebeck lieben und hassen einander.
Matthias Brandt und Catrin Striebeck lieben und hassen einander.

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