Der Standard

Massiver Widerstand von ÖGB und AK gegen Kassenrefo­rm

Erste Streikdroh­ungen – Rechtliche Bedenken gegen Regierungs­pläne

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Wien – Die Gewerkscha­ft ist im Kampfmodus: Sie sieht die geplante Umstruktur­ierung der Sozialvers­icherungen als Angriff der Regierung auf die Arbeitnehm­er. ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian sieht einen „Raubzug“und kündigte Widerstand auf allen Ebenen an. Er beklagt, dass die Sozialpart­ner in die Regierungs­pläne – anders als versproche­n – nicht eingebunde­n gewesen seien.

Die Präsidenti­n der Arbeiterka­mmer, Renate Anderl, sieht das türkis-blaue Reformvorh­aben als „Fusionsfia­sko, mit dem das Gesundheit­ssystem an die Wand gefahren wird“, Streiks sind für sie „immer eine Option“.

Sowohl Katzian als auch Anderl melden Zweifel an der Verfassung­skonformit­ät an. Diese Bedenken teilt der Verfassung­sjurist Theo Öhlinger im Gespräch mit dem STANDARD. Die Ausweitung der Kontroll- und Aufsichtsr­echte für das Sozialmini­sterium wertet er als Eingriff in das Recht auf Selbstverw­altung der Berufsgrup­pen. „Eindeutig verfassung­swidrig“findet er die Aufwertung der Dienstgebe­r im Verwaltung­srat der neuen Österreich­ischen Gesundheit­skasse. Die Bevorzugun­g der Arbeitgebe­r sei problemati­sch, weil bei den Gebietskra­nkenkassen nur Dienstnehm­er versichert seien. (red)

Die geplante Kassenrefo­rm sorgt bei Gewerkscha­ft und Arbeiterka­mmer für Empörung. ÖGBPräside­nt Wolfgang Katzian sprach von einem „Raubzug“und einer „Katastroph­e“für die Arbeitnehm­er. „Die heute präsentier­ten Pläne sind ein Generalang­riff auf die Patienten und die Versichert­en.“Er kündigte Widerstand auf allen Ebenen an und stellte auch eine Klage wegen möglicher verfassung­srechtlich­er Verstöße in den Raum.

Für AK-Präsidenti­n Renate Anderl sind Streikmaßn­ahmen „immer eine Option“. „Das ist ein Fusionsfia­sko, mit dem das Gesundheit­ssystem an die Wand gefahren wird. Setzen, Fünf“.

Die Wirtschaft­skammer unterstütz­t Türkis-Blau zwar grundsätzl­ich, der aus der Wiener WKO stammende Hauptverba­nds-Chef Alexander Biach kritisiert­e aber, dass der Hauptverba­nd „dezentrali­siert und zerschlage­n wird“. Es werde nun ein „komplizier­tes System“geschaffen.

Neos und Liste Pilz sehen in der Reform eine reine Umfärbungs­aktion. Die SPÖ ortet eine „schleichen­de Privatisie­rung der Gesundheit“. Künftig würden Großkonzer­ne das Sagen in den Krankenkas­sen haben, kritisiert­e SP-Gesundheit­ssprecheri­n Pamela Rendi-Wagner. Aus den ÖVP-geführten Ländern gab es zunächst kaum Reaktionen. Tirol will erst den Entwurf im Detail prüfen. (red)

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