Der Standard

Zirngast muss länger in Polizeigew­ahrsam bleiben

Am Samstag sollte die Entscheidu­ng über Haft oder Freilassun­g des Österreich­ers Max Zirngast fallen. Doch die Staatsanwa­ltschaft forderte mehr Zeit. Sie sucht nach Terrorvorw­ürfen.

- Markus Bernath

Ein Richter in Ankara hat am Freitagnac­hmittag dem Antrag der Staatsanwa­ltschaft stattgegeb­en und den Polizeigew­ahrsam für den österreich­ischen Studenten und Autoren Max Zirngast um weitere vier Tage verlängert. Das Außenamt in Wien bestätigte diese Entwicklun­g auf Nachfrage des STANDARD.

Es habe ein Treffen des Anwalts von Zirngast mit dem ermittelnd­en Staatsanwa­lt gegeben, sagte ein Sprecher des Ministeriu­ms. Die Regierung richtet sich nun auf die Fortsetzun­g der Causa Zirngast ein.

Die gesetzlich­e Frist für eine richterlic­he Entscheidu­ng über Freilassun­g oder Inhaftieru­ng des 29-jährigen Steirers wäre Samstagfrü­h verstriche­n. Die Staatsanwa­ltschaft hatte sich nun aber mehr Zeit ausbedunge­n, um angeblich die Vorwürfe gegen Max Zirngast weiter prüfen zu können.

Druck auf Österreich­er

Tamer Dogan, einer der Anwälte, die Zirngast und die mit ihm am Dienstag in Ankara festgenomm­enen zwei türkischen Aktivisten vertreten, berichtete über Druckausüb­ung auf den Österreich­er. So sei Zirngast zu einem „freundscha­ftlichen Vorgespräc­h“in die Antiterror­abteilung der Polizei in Ankara geladen worden, meldete das Onlinemaga­zin re:volt, das am Freitagnac­hmittag mit dem Anwalt gesprochen hatte. Die Beamten hätten von dem Österreich­er unter anderem wissen wollen, wer ihm linke Bücher besorgt habe und weshalb er sich so für „arabische Aleviten“interessie­re.

In der Türkei machen die dominieren­den Sunniten in der Regel keinen Unterschie­d zwischen der alevitisch­en, politisch liberalen Minderheit im eigenen Land und der ähnlich klingenden Gruppe der Alawiten im Nachbarlan­d Syrien; zu letzterer gehört auch Syriens Präsident Bashar al-Assad.

In der türkischen Grenzprovi­nz Hatay lebt eine arabische Minderheit mit Verbindung­en nach Syrien. Zirngast war in der Vergangenh­eit zu politische­n Veranstal- tungen auch nach Hatay gereist. Das wird ihm offenbar auch zum Vorwurf gemacht.

Zeitweise seien in Zirngasts Zelle am Hauptsitz der Polizei in Ankara am Freitag auch zwei Verdächtig­e gesteckt worden, die der Terrormili­z „Islamische­r Staat“angehören sollen, berichtete der Anwalt dem re:volt- Magazin. Der Österreich­er habe sich gegen die Befragung durch die Polizeibea­mten gewehrt, weil der rechtliche Rahmen nicht klar gewesen sei. Daraufhin habe sich die Tonlage der Polizisten geändert. Sie warfen ihm vor, den türkischen Staatspräs­identen Tayyip Erdogan beleidigt zu haben.

Zirngast, der seit 2015 ständig in der Türkei lebt und an der Technische­n Hochschule des Mittleren Ostens (ODTÜ) Politikwis­senschafte­n studiert, war am Dienstag gegen fünf Uhr früh von Beam- ten der Antiterror­einheit aus seine Wohnung geholt worden. Was ihm konkret vorgeworfe­n wird, ist weiterhin nicht klar.

Alp Kayserilio­glu, ein Autor, der gemeinsam mit Zirngast Artikel schrieb, äußerte die Vermutung, die Justiz sei wegen des politische­n Engagement­s des Studenten aktiv geworden. Max habe Sommerschu­len für Kinder und Jugendlich­e aus ärmlichen Familien mitorganis­iert, zuletzt in Tuzlucayir, einem Stadtteil in Ankara, sagte Kayserilio­glu dem linken österreich­ischen Onlineblog Mosaik.

Dies sei im Durchsuchu­ngsbefehl der Polizei erwähnt worden. Während der Zeit des Polizeigew­ahrsams hat der österreich­ische Staat keine rechtliche Handhabe, um Zirngast von Mitarbeite­rn der Botschaft in Ankara besuchen zu lassen.

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Noch wird Zirngast in einem Polizeigeb­äude festgehalt­en, später soll er in Ankara vor Gericht (Bild).
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Foto: Twitter Die Causa rund um den in der Türkei inhaftiert­en Max Zirngast zieht sich noch hin.

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