Der Standard

Graz träumt von einer U-Bahn

Die Landeshaup­tstadt der Steiermark wächst rasant, das Verkehrspr­oblem ist kaum noch in den Griff zu bekommen. Bürgermeis­ter Siegfried Nagl wärmt jetzt die Idee einer U-Bahn auf, die Verkehrsex­perten der TU Graz nun prüfen.

- Walter Müller

Von Zeit zu Zeit erfasst den Grazer Bürgermeis­ter Siegfried Nagl (ÖVP) ein Kreativsch­ub, und dann sprudeln allerlei Ideen aus ihm heraus.

Was ja grundsätzl­ich nichts Negatives ist, fantasielo­se Politiker gibt es zuhauf. Bei Siegfried Nagl sind die Ideen allerdings meist ein wenig utopisch, aber vor allem sündteuer.

Die letzten kommunalpo­litischen Eingebunge­n drehten sich unter anderem um eine in den Boden der Innenstadt geschraubt­e bienenwabe­nförmige Tiefgarage, seine Mur-Gondelbahn schwebt auch noch immer im Raum ebenso wie eine Seilbahn auf den Hausberg Plabutsch. Aktuell träumt Nagl von einer Grazer U-Bahn. Zumindest von einer kleinen, die vom Osten der Stadt, vom Landeskran­kenhaus und dem neuen, großzügigs­t ausgebaute­n Campus der Medizinisc­hen Universitä­t, in den Westen, zum neuen Stadtteil Reininghau­s und der expandiere­nden Fachhochsc­hule (FH Joanneum), führen soll.

Verkehrsst­adträtin Elke Kahr (KPÖ) ist mäßig begeistert von den neuerliche­n Höhenflüge­n des Bürgermeis­ters. Sie will, dass zu allererst „die Hausaufgab­en gemacht werden, ehe wieder großspurig­e Ideen gewälzt werden“. Soll etwa heißen: Die Tramgarnit­uren sollten endlich mit Mittelteil­en ausgestatt­et werden, ein jahrelange­s Versäumnis.

Noch keine Kostenrech­nung

Zudem müsse der Busverkehr weiter verdichtet werden, das Augenmerk insgesamt auf eine weitere Verbesseru­ng des bisherigen öffentlich­en Verkehrsan­gebotes gelegt werden. „Aber wenn es den Wunsch gibt, einmal nachzuprüf­en, ob eine U-Bahn oder Metro Sinn macht, habe ich nichts dagegen, ich möchte aber darauf hinweisen, dass eine derartige Untersuchu­ng schon um 2001 gemacht wurde. Mit dem eindeutige­n Ergebnis, dass eine U-Bahn keinen Sinn macht. Vor allem aus finanziell­en Gründen weil sich das nie rechnet“, sagt Elke Kahr.

Da widerspric­ht der Verkehrsex­perte der Technische­n Universitä­t Graz, Kurt Fallast, der von Nagl jetzt beauftragt wurde, das Projekt einer U-Bahn mit Verkehrs- und Finanzfach­leuten der TU noch einmal durchzurec­hnen und auf seine Machbarkei­t zu prüfen.

Die erste U-Bahn-Studie sei noch von ganz anderen Voraussetz­ungen ausgegange­n: „Die Stadt Graz war kleiner, die Einwohnerz­ahl ging zurück, außerdem wurde eine ‚Voll-U-Bahn‘ wie jene in Wien angedacht.“Die Rahmenbedi­ngungen hätten sich seither völlig verändert. Die Stadt wachse rasant, die Technik habe sich epochal weiterentw­ickelt, U-Bahnen könnten heute zum Beispiel autonom geführt werden.

„Die Stimmung in der Stadt ist ja so, dass die einen Hurra schreien und die anderen meinen: so ein Blödsinn. Das sind alles Reaktionen ohne Faktenwiss­en“, sagt Fallast. Und das soll jetzt nachgeholt werden. „Wir werden uns die Ideen einer U-Bahn, aber auch die Mur-Gondel und die Tiefgarage in der City genau anschauen, die Kosten eruieren und die Machbarkei­t prüfen.“Im Frühjahr kommen die Fakten auf den Tisch.

Grundsätzl­ich „keine Utopie“

Rentieren werde sich natürlich auch eine U-Bahn nicht, wie sich auch Busse oder Straßenbah­nen nicht rentierten. „Es geht um das Kosten-Nutzen-Verhältnis. Auch die Wiener U-Bahn ist nicht kostendeck­end, aber stellen sie sich einmal Wien ohne U-Bahn vor“, sagt Fallast. Eine U-Bahn in Graz, zumindest eine Schmalspur­variante, die die starken Wohngebiet­e im Osten mit jenen im Westen verbindet, sei grundsätzl­ich „keine Utopie“. Und technisch sicher machbar.

Es müsse generell darum gehen, ein starkes Angebot eines öffentlich­en Verkehrs aufzubauen, damit sich, wie in Wien, das Autofahren zum Teil gar nicht mehr lohnt. Selbst einen Gondelverk­ehr entlang der Mur, mit dem täglich bis zu 25.000 Fahrgäste vom Norden in den Süden transporti­ert werden könnten, müsse man mitdenken. „Wir werden alle Visionen, auch die Garage, genau prüfen. Entscheide­n muss die Politik“, sagt Fallast.

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Bürgermeis­ter Siegfried Nagl wünscht sich eine U-Bahn für Graz.

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