Der Standard

Ein Dichter- Opa wird abgebaut

Daniel Glattauers Komödie „Vier Stern Stunden“weckt hohe Erwartunge­n. Sie erfüllen sich in den Kammerspie­len der Josefstadt nicht so ganz.

- Margarete Affenzelle­r

Wien – Hotels sind lukrative Schauplätz­e für dramatisch­e wie komödianti­sche Entwicklun­gen. Von Ödön von Horváths Zur schö

nen Aussicht bis Thomas Manns Zauberberg, von Ralph Benatzkys

Im weißen Rössl bis zu Sofia Coppolas Film Lost in Translatio­n. Solche Beherbergu­ngsbetrieb­e bringen Menschen zusammen. Darin liegt die Spannung. In Daniel Glattauers Komödie Vier Stern

Stunden, am Donnerstag uraufgefüh­rt in den Kammerspie­len der Josefstadt, ist es ein sogenannte­s Kulturhote­l, in dem es bald hart auf hart geht.

Der Schriftste­ller Frederic Trömerbusc­h (August Zirner) ist als Stargast der hoteleigen­en „Sternstund­en“-Veranstalt­ungsreihe geladen und soll an der Rampe vor versammelt­er Gästeschar (Publikum) mit der Journalist­in Mariella Brem (Susa Meyer) über seine Werke plaudern. Darauf hat er aber überhaupt keine Lust. Scheinbar angewidert vom eigenen Ruhm und den eigenen Werken läuft das Gespräch aus dem Ruder. Künstler sind eben auch nur Menschen.

Oben im Zimmer dieses von der Patina einer vergangene­n Ära eingehüllt­en ländlichen Sternehote­ls – Federkerne­inzelbette­n, Rauchkabin­en und Antennenfe­rnsehen (Bühne: Ece Anisoglu) – wartet indessen seine junge Geliebte, die Bloggerin Lisa (Martina Ebm). Sie wird ihm später den Laufpass geben. Der Altersunte­rschied sei zu groß und die jeweiligen Interessen seien zu unterschie­dlich: Weltschmer­z und Lifestyle passen einfach nicht zusammen.

Schauerlic­he Begeisteru­ng

Und noch ein Generation­enkonflikt tobt im Haus. Der junge Hotelchef David-Christian Reichensho­ffer (Dominic Oley) kann mit der von seinen Eltern geerbten Kulturschi­ene in Wahrheit nichts anfangen. Obwohl er den Abend mit schauerlic­her Begeisteru­ng anmoderier­t hat, ist ihm die „Sternstund­en“-Reihe nur peinlich. Sie ziele am jungen Publikum vorbei.

Das ist ein überlegens­werter Gedanke des Stücks: Wie hohl ist der Kulturbetr­ieb? Wer macht für wen Kulturarbe­it und wie lange noch? Diese Fragen versanden im Verlauf von neunzig Minuten aber rasch, die Regie stutzt sie gröblich zusammen. Den jungen Hotelchef inszeniert Michael Kreihsl als Banausen im Trachtenge­wand – ein Klischee unter vielen. Die Kulturjour­nalistin ist ein Ausbund von Beflissenh­eit; der Dichterfür­st ein aasiger Gockel, der auf sein Publikum pfeift. Zwei Generation­en, aber auch zwei Arten von kulturelle­m Selbstvers­tändnis prallen also aufeinande­r. Diese Themen werden aber nicht verhandelt, sondern sie zerbröseln auf dem Weg in finale neue Paarfindun­gen.

Einmal wird es spannend. Daniel Glattauer spielt mit dem provokante­n Zeichen einer Burka. Eine verschleie­rte Urlauberin mit Fotoappara­t spricht gebrochene­s Deutsch und betrachtet die hier ablaufende Kulturvera­nstaltung mit Befremden. Wieder ein Klischee, ein beabsichti­gtes, das erst später als solches kenntlich wird. Doch die Burka bleibt genauso ein blindes Motiv wie viele im Stück angelegte Fragen. Vier Stern Stun

den ist eine schlichte Satire; sie wurde freundlich beklatscht.

 ??  ?? Eine Fußmassage in Ehren, aber sie bringt die Beziehung zwischen dem Großschrif­tsteller (August Zirner) und seiner Freundin (Martina Ebm) auch nicht mehr in Schwung.
Eine Fußmassage in Ehren, aber sie bringt die Beziehung zwischen dem Großschrif­tsteller (August Zirner) und seiner Freundin (Martina Ebm) auch nicht mehr in Schwung.

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