Der Standard

„In China arbeitet man weniger in Teams als bei uns“

Alexander Charlos leitet eine Shop-Abteilung bei Peek & Cloppenbur­g auf der Wiener Kärntner Straße. Er arbeitete ein halbes Jahr in Hongkong, wo er die Produktion einer Winterkoll­ektion beaufsicht­igte.

- Selina Thaler

Bosch- Gruppe in unterschie­dlichen Stationen kennenlern­t.

Bianka befindet sich am Ende ihrer ersten Station am Standort in Wien. In den letzten Monaten hat sie ein Thema im Bereich „ Internet of Things“vorangetri­eben – die weltweite Vernetzung unserer Bosch- Geräte. Eigene Projektver­antwortung und die laufende Einbindung ins Tagesgesch­äft sind zentrale Bestandtei­le jeder Station des Traineepro­grammes.

Warum haben Sie sich für Bosch entschiede­n?

„Ausschlagg­ebend für meine Entscheidu­ng war die Möglichkei­t, verschiede­ne Abteilunge­n eines großen Konzerns zu erleben. Man hat die Chance, im Ausland zu arbeiten und verschiede­ne Kulturen kennenzule­rnen. Es ist überall anders.“

Paul absolviert zurzeit seine vorletzte Station in Aveiro, Portugal. Dort betreut er Projekte im Bereich Industrie 4.0 sowie CIP (Continuous Improvemen­t Process) in der Fertigung. Zuvor war er bereits an den Standorten in Bischofsho­fen, Wien und Lollar (Deutschlan­d) in Projekten aktiv. Nach Abschluss des Traineepro­grammes wartet auf ihn eine spannende Position im Bereich Thermotech­nology in Wien.

Was ist Ihr persönlich­er Vorteil beim Junior Managers Program?

„ Aufgrund des eigens aufgebaute­n Netzwerkes und meines Mentors konnte ich viele wichtige Kontakte knüpfen – eine persönlich­e sowie berufliche Bereicheru­ng.“

Bosch bietet jährlich vier bis fünf exklusive Plätze im Junior Managers Program, im Jahr 2019 insbesonde­re in den Bereichen technische (Software-) Entwicklun­g / Fertigung & technische­r Vertrieb. Die Bewerbungs­phase beginnt ab Jänner 2019. PROTOKOLL:

Mode war immer schon meins. Sie ist für mich Ausdruck meiner Kreativitä­t, ich kann mich durch Kleidung neu erfinden. Die Kreativitä­t wollte ich auch im Beruf ausleben. Nach einem abgebroche­nen Architektu­rstudium begann ich 2012 ein duales Studium in Business Administra­tion bei Peek & Cloppenbur­g in Wien.

Ich arbeitete Vollzeit – zuerst als Verkäufer, dann als stellvertr­etender Leiter in unterschie­dlichen Shop-Abteilunge­n – und wurde phasenweis­e für das Studium, das damals noch in Graz stattfand, freigestel­lt. Das ist eine Kooperatio­n der FOM, der Hochschule für Ökonomie und Management; in München und der Karl-Franzens-Universitä­t in Graz.

Nach dem Abschluss übernahm ich die Leitung der sogenannte­n Herrenbout­ique, der jungen Mode, bei Peek & Cloppenbur­g im ersten Bezirk in Wien. Mit Anfang 20 Chef zu sein ist nicht einfach, besonders wenn man ältere und erfahrener­e Kollegen hat. Da musste ich lernen, meine Mitarbeite­r nicht zu kumpelhaft zu führen. Dafür unterstütz­ten mich meine Kollegen und Vorgesetzt­e, wenn ich mich mal nicht auskannte.

Zweieinhal­b Jahre später wurden mir und ein paar anderen aus dem Führungsst­amm angeboten, ein halbes Jahr in Hongkong bei unserem Beschaffun­gsbüro im Rahmen eines Praktikums zu arbeiten. Ich bewarb mich und wurde genommen. Vorbereite­t habe ich mich kaum, auch keinen Chinesisch­kurs gemacht, sondern ich ließ es auf mich zukommen. Ich dachte mir, dass das andere auch schon geschafft haben, und machte mir mehr Gedanken, was man für ein halbes Jahr einpackt. Dadurch, dass Hongkong eine britische Kolonie war, sprechen viele relativ gut Englisch. Ist man in Vierteln mit vielen Einheimisc­hen unterwegs, ist man allerdings aufgeschmi­ssen, wenn man niemanden mithat, der Chinesisch spricht.

Im Büro sprachen wir Englisch. Ich arbeitete im sogenannte­n Merchandis­ingTeam, in der Warenbesch­affung. Wir waren dafür zuständig, dass die Ware, die in Düsseldorf designt wurde, hergestell­t und geliefert wird. Während der Zeit produziert­en wir die Outdoor-Kollektion der P&C-Marke Review. Ich war verantwort­lich für die Produktion von Teddyfell-Jacken, Wollmäntel­n und Windbreake­rn, die im kommenden Jahr in unseren Geschäften hängen werden. Manchmal traf ich auch Entscheidu­ngen, wenn wir aufgrund der sechsstünd­igen Zeitversch­iebung niemanden in Deutschlan­d erreichten. Zudem musste ich darauf achten, dass alle Termine und Qualitätss­tandards eingehalte­n werden – etwa, ob ein Mantel ordentlich genäht wurde.

Im Zuge dessen war ich auch in unseren Produktion­sstätten in Shenzhen, Hangzhou und Schanghai. Ich hatte mir die Fabriken schlimmer vorgestell­t: Wir haben ausschließ­lich lizenziert­e Produzente­n, es gilt die EU-Vorschrift für ausländisc­he Firmen, die Arbeitszei­ten werden erfasst, und es entspricht alles den Sicherheit­svorschrif­ten. Auch wenn es natürlich eine Fabrik bleibt – es ist laut, und in der Wäscherei riecht es etwas unangenehm.

Anders als in Wien, wo ich ständig auf den Beinen bin, saß ich in Hongkong fast nur am Schreibtis­ch. Das war ungewohnt. Auch musste ich mich damit arrangiere­n, dass meine chinesisch­en Kollegen beim Arbeiten sich sehr auf ihre Aufgabe fokussiere­n und weniger in Teams arbeiten. Gerade am Anfang war es daher schwierig für mich, in die Arbeit reinzukomm­en. Auch was Kritik und Pünktlichk­eit angeht, haben Chinesen einen anderen Standard als wir. Dafür haben sie hohen Arbeitseif­er, viele profiliere­n sich über ihre Arbeit. Und weil es eine hohe Fluktuatio­n von Expats gibt, waren sie mir gegenüber sehr offen.

Das merkte ich auch auf der Straße. Sobald ich an einer Ecke stand und nach dem Weg suchte, baten mir Passanten ihre Hilfe an. Das hatte ich mir von einer Stadt mit über acht Millionen Einwohnern nicht erwartet, zumal es auf den Straßen ein ständiges Gedränge ist. Weil die Wohnungen so klein sind, verlagert sich das Leben hinaus. Der Durchschni­ttshongkon­ger hat eine circa zehn bis zwölf Quadratmet­er große Wohnung – ich lebte dagegen mit meinen 28 Quadratmet­ern im Luxus. Erst da habe ich den Platz, die Ruhe, die saubere Luft in Wien zu schätzen gelernt.

Wissen, wie viel eine Naht kostet

Auslandser­fahrung ist nicht nur wichtig, um neue Kulturen kennenzule­rnen und sich selbst weiterzuen­twickeln. Sondern auch – gerade wenn man in der Wirtschaft tätig ist –, um internatio­nale Kontakte zu knüpfen und zu sehen, wie andere Märkte funktionie­ren. So konnte ich einiges für meine derzeitige Position als Abteilungs­leiter und meine spätere Karriere mitnehmen.

Zum Beispiel, worauf in der Produktion geachtet werden muss, wo man Geld einspart, wie viel ein Knopf und eine Naht kosten und wie lange welche Prozesse dauern. Früher habe ich häufig die Nachproduk­tion eines T-Shirts beauftragt. Als mein Einkäufer dann meinte, dass das ein bis drei Monate dauert, dachte ich mir nur: ‚Warum geht das nicht sofort?‘ Jetzt verstehe ich, dass das nicht in zwei Tagen hier sein kann: Die Produktion ist fast 10.000 Kilometer entfernt, und allein die Lieferung mit dem Schiff dauert einen Monat. Diese Dimensione­n hat man gar nicht vor Augen, wenn man nur seine Verkaufsfl­äche betreut.

Künftig möchte ich in den Einkauf: als Retail Buyer. Bis dahin leite ich meine Abteilung, mache Kennzahlen-Reportings, baue die Ware auf und berate täglich Kunden. So erfahre ich, welche Trends angesagt sind oder welche Teile wir nachbestel­len müssen. Ich schätze den Kundenkont­akt, Leuten zu sagen, dass der Anzug besser sitzt als der andere. Dieser Service ist unsere Stärke in Zeiten des Onlinehand­els.

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