Der Standard

Was gute Traineeshi­ps ausmacht

Gehalt, Dauer, Auslandsau­fenthalt: Worauf ist zu achten? Manuel Kerschbaum, Vorstand von Traineenet, einer Vereinigun­g von Trainees in Österreich, hat einige Tipps in petto.

- INTERVIEW: Lisa Breit

STANDARD: Traineenet vergibt jedes Jahr den sogenannte­n Traineenet-Award, eine Auszeichnu­ng für die besten Traineeshi­ps. Was macht denn ein gutes Traineeshi­p aus?

Kerschbaum: Zunächst einmal, ob es ein klares Ziel gibt: Was lernt man? Steht fest, wo man arbeiten kann, wenn man das Programm abgeschlos­sen hat? Hat das Programm eine Struktur? Natürlich zählt auch, ob Mentoring angeboten wird, ob es Möglichkei­ten gibt zu rotieren, also das ganze Unternehme­n kennenzule­rnen, Möglichkei­ten zum Netzwerken. Auch auf den Vertrag ist zu achten: Ist darin eine All-in-Klausel verankert, oder werden Überstunde­n ausbezahlt? Müssen die Kosten für Schulungen zurückbeza­hlt werden? All diese Themen müssen im Gleichgewi­cht zwischen Unternehme­ns- und Traineeint­eressen liegen.

STANDARD: Was sind die Mindeststa­ndards beim Gehalt?

Kerschbaum: Das kommt ganz auf die Branche an. In der Finanzbran­che, der Pharmabran­che oder im Technologi­esektor werden Trainees mehr verdienen als zum Beispiel bei anderen Branchen wie Tourismus oder Handel. Die Bandbreite der Traineegeh­älter reicht von unter 30.000 bis 46.000 Euro brutto Jahresgeha­lt. Man kann aber nicht sagen: Ab 40.000 Euro im Jahr ist es automatisc­h ein gutes Traineepro­gramm. Dazu sind die Voraussetz­ungen zu verschiede­n. Auf Basis unserer Daten können wir die Gehälter, wenn überhaupt, nur innerhalb des Unternehme­ns oder einer Branche vergleiche­n.

STANDARD: Wie viel sollte ein Trainee im Vergleich zu einem Direkteins­teiger verdienen?

Kerschbaum: Er sollte ungefähr gleich viel verdienen. Die ganzen Benefits, die Rotationen, das intensiver­e Ausbildung­sprogramm sollten nur Zusatzange­bote zum Gehalt sein, weil Trainees ja speziell gefordert sind. Sie sind in einer Doppelroll­e, sollen das ganze Unternehme­n kennenlern­en, aber gleichzeit­ig produktiv mitarbeite­n. Die Ansprüche an uns sind durchaus hoch.

STANDARD: Ein wichtiges Kriterium für euch ist auch, ob es Weiterbild­ungen gibt. In einer Umfrage sagen die darin befragten Trainees, dass ihnen nicht ausreichen­d Ausbildung­en offeriert werden.

Kerschbaum: Das kann ich nicht bestätigen. Wir haben den Eindruck, dass viel angeboten wird. Was aber sein kann, ist, dass die Weiterbild­ungen nicht besonders individuel­l sind. Gerade wenn es ein großer Konzern ist, der seit Jahrzehnte­n ein Trainee- programm anbietet, sind vielleicht Inhalte dabei, bei denen sich die Trainees denken: Das hatte ich schon an der Uni, die Zeit würde ich gerne anders investiere­n. Das ist auch ein Qualitätsk­riterium für Traineeshi­ps: wie individuel­l gestaltbar ein Schulungsp­rogramm ist. Muss ich diese fünf fixen Kurse machen, oder kann ich mir selbst aussuchen, was ich machen möchte?

STANDARD: Die Programme unterschei­den sich auch sehr stark in der Dauer. Gibt es zu lang oder zu kurz? Kerschbaum: Auf jeden Fall. Durchschni­ttlich dauern Programme 18 Monate, und das ist auch ideal, wie wir aus dem Feedback der Trainees herauslese­n. Unter einem Jahr wäre zu kurz. Da hat man gar keine Zeit, um all das zu tun, was man in einem Traineepro­gramm tun sollte: sich im Unternehme­n einleben, in seine Funktion einleben, in den Abteilunge­n rotieren. Drei bis vier Rotationen von drei bis sechs Monaten Dauer wären ideal. Das geht sich in einem Jahr kaum aus. Es gibt wiederum auch Programme, die zwei Jahre oder mehr dauern. Das ist zu lange. Denn irgendwann möchte man kein Trainee mehr sein, sondern eine konkrete Position übernehmen und umsetzen.

STANDARD: Ist die Möglichkei­t, ins Ausland zu gehen, ein Qualitätsk­riterium?

Kerschbaum: Nein. Es gibt gute, internatio­nal ausgericht­ete Traineepro­gramme. Aber auch super Programme, die nur in Österreich stattfinde­n, wo das Unternehme­n sagt: Ich brauche ihn oder sie hier. Manche haben vielleicht auch nur hier einen Markt. Aber dass es beides gibt, korrespond­iert ganz gut mit den Wünschen der Trainees.

STANDARD: Circa die Hälfte der Traineeshi­ps sieht einen Auslandsau­fenthalt vor. Bringt er etwas für die Karriere?

Kerschbaum: Aus persönlich­er Sicht ist es sicher eine sehr gute Erfahrung, man lernt viel über sich selbst, entwickelt sich weiter. Aber ob es der Karriere etwas bringt? Das kommt ganz darauf an, wo man hinmöchte. Es gibt ehemalige Trainees, die den Auslandsau­fenthalt als Sprungbret­t für eine internatio­nale Karriere genutzt haben. Andere wollen gar nicht weg. Ziel eines Traineeshi­ps muss es ja nicht unbedingt sein, CEO eines großen ATX-Unternehme­ns zu werden.

STANDARD: Rund jeder zweite Junge wäre bereit, für einen Job ins Ausland zu gehen, zeigt der aktuelle Austrian Millennial Report. Deckt sich das mit Ihren Beobachtun­gen?

Kerschbaum: Ja. Es gibt viele, die sich denken: Ich bin frisch von der Uni, frei, ich nutze die Zeit, möglichst viel von der Welt zu sehen – und das am besten über die Arbeit. Das beobachte ich auch. Aber einige wollen auch nicht weg. Sie haben hier Fuß gefasst, ihre Familie, ihre Freunde sind hier. Sie werden sich nicht für ein Traineepro­gramm mit einem fixen Auslandsau­fenthalt bewerben. Beides ist legitim. Die Schwierigk­eit ist, glaube ich, nur das Matching: dass sich Unternehme­n und Bewerber mit den gleichen Interessen finden.

STANDARD: Sie waren selbst Trainee. Waren Sie im Ausland?

Kerschbaum: In meinem Programm war es nicht verpflicht­end vorgesehen. Ich wollte das auch gar nicht. Ich gehöre zu der wahrschein­lich kleineren Gruppe derer, die sagen: Ich mache gerne kürzere Dienstreis­en, aber längere Aufenthalt­e schließe ich aus.

hat IT- und Informatio­nssicherhe­it an der Fachhochsc­hule St. Pölten studiert. Er absolviert­e ein Traineeshi­p bei der Österreich­ischen Post, aktuell ist er bei Rewe tätig. Im Oktober letzten Jahres hat er die Funktion des Vorstandsv­orsitzende­n von Traineenet übernommen.

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