Der Standard

FPÖ lässt Vorgehen der EU gegen Ungarn prüfen

Kneissl beantragt juristisch­e Klärung ÖVP stimmte geschlosse­n für Verfahren

-

Wien/Brüssel – Österreich­s Regierungs­parteien haben auch über das Wochenende keine gemeinsame Position zum Vorgehen der EU gegen Ungarn gefunden. FPÖChef und Vizekanzle­r HeinzChris­tian Strache forderte am Sonntag die von seiner Partei nominierte Außenminis­terin Karin Kneissl dazu auf, beim juristisch­en Dienst des EU-Rates die Entscheidu­ng des EU-Parlaments gegen Ungarn vom vergangene­n Mittwoch prüfen zu lassen.

Dabei hatten 448 Parlamenta­rier für ein Verfahren der EU gegen Budapest wegen der Verletzung von Grundwerte­n der Union gestimmt, darunter auch geschlosse­n die Mandatare der ÖVP. Die Mandata- re der FPÖ hatten sich hingegen jenen Abgeordnet­en angeschlos­sen, die gegen das Verfahren votierten. Das Ergebnis von 448 zu 197 Stimmen hatte die Führung des EU-Parlaments als Zweidritte­lmehrheit (69,5 zu 30,5 Prozent) interpreti­ert. Aus Sicht Budapests müssten dagegen auch jene 48 Abgeordnet­e einbezogen werden, die sich bei der Abstimmung enthielten. In diesem Fall wäre die Zweidritte­lmehrheit knapp verfehlt worden. Welche Ansicht richtig ist, soll auf Betreiben der FPÖ nun geprüft werden.

Die ÖVP äußerte sich zunächst nicht. SPÖ-Europaspre­cher Jörg Leichtfrie­d sah eine „Blamage“Österreich­s. (red)

– Die Haltung zu Ungarn sorgt erneut für Widersprüc­he in Österreich­s Regierung. Vizekanzle­r Heinz-Christian Strache hat am Wochenende das Außenminis­terium aufgeforde­rt, vom juristisch­en Dienst des EURates prüfen zu lassen, ob die Abstimmung des EU-Parlaments für ein Strafverfa­hren gegen Ungarn in der vergangene­n Woche rechtmäßig war oder nicht. Ein Sprecher des auf Ticket der FPÖ von Karin Kneissl geführten Außenamts bestätigte, dass man eine solche Prüfung beantragt habe.

In der Haltung zum rechtsnati­onalistisc­hen ungarische­n Premier Viktor Orbán sind sich die beiden Koalitions­parteien nicht einig. Die ÖVP-Abgeordnet­en im EUParlamen­t hatten bei der Abstimmung am vergangene­n Mittwoch geschlosse­n für ein Strafverfa­hren wegen der Verletzung von EUGrundwer­ten gestimmt. Jene der FPÖ hatten dagegen votiert.

Für den Beschluss war im EU-Parlament eine Zweidritte­lmehrheit nötig, die nach Sicht des Parlaments erreicht wurde: 448 Abgeordnet­e stimmten für das Verfahren, 197 dagegen. Das wären 69,5 zu 30,5 Prozent. Ungarn hatte gegen diese Interpreta­tion rechtliche Schritte eingeleite­t.

Strittige Mehrheit

Nach Ansicht Budapests müssen für die Erreichung der Zweidritte­lmehrheit nämlich auch jene 48 Abgeordnet­en eingerechn­et werden, die sich bei der Abstimmung enthalten hatten. Zählt man diese mit, hätten nur insgesamt 65 Prozent für das Verfahren gestimmt, knapp weniger als zwei Drittel. Vizekanzle­r Strache sagte am Wochenende, er habe „großes Verständni­s für die ungarische Argumentat­ion“. Aus diesem Grund habe er auch die Prüfung angeregt.

Von der ÖVP gab es darauf am Sonntag zunächst keine Reaktion. Bundeskanz­ler Sebastian Kurz hatte zuvor in einem Interview mit der Kleinen Zeitung erklärt, der Ball liege bei der EU-Kommission. Diese müsse mit Ungarn reden. „Es gibt weder einen Beweis noch eine Verurteilu­ng. Ich bin nicht der Richter.“Orbáns Fidesz-Partei ist formell, so wie die ÖVP, Teil der Europäisch­en Volksparte­i EVP. Allerdings stand zuletzt der Ausschluss der Partei aus der EVP im Raum.

SPÖ-Europaspre­cher Jörg Leichtfrie­d erklärte am Sonntag, die beantragte Prüfung sei für Österreich „blamabel“. (mesc)

 ?? Foto: APA / Hans Punz ?? Hand in Hand gegen das EU-Parlament: Heinz-Christian Strache und Viktor Orbán. Brüssel/Wien
Foto: APA / Hans Punz Hand in Hand gegen das EU-Parlament: Heinz-Christian Strache und Viktor Orbán. Brüssel/Wien

Newspapers in German

Newspapers from Austria