Soll die Mittelschicht stärker entlastet werden?
Die Regierung feiert den Familienbonus als größte Entlastung ihrer Art. Endlich werde der Mittelschicht auch zurückgegeben, statt sie als Systemerhalter zu schröpfen, so das Argument. Ist da etwas dran?
Bei Österreichs Vollzeitbeschäftigten und kleinen Selbstständigen geht die Sorge um, dass sie Krankenhäuser, Pensionen und Sozialleistungen für Ärmere finanzieren, während die Reichen ihr Vermögen steuerschonend bunkern. Die türkis-blaue Koalition verspricht daher, die Mittelschicht zu entlasten.
Der ab 2019 wirkende Familienbonus ist dabei das Vorzeigeprojekt. Rund 950.000 Familien erhalten eine Steuergutschrift von bis zu 1500 Euro pro Jahr und Kind. Wer monatlich rund 1400 Euro netto verdient, erhält pro Kind etwas mehr als ein volles Monatsgehalt dazu. Auf bis zu 1,5 Milliarden Euro verzichtet der Fiskus dadurch. Außerdem senkte die Regierung die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung, so profitieren auch Kinderlose.
Die Frage stellt sich jedoch, wer zur Mittelschicht zählt. Laut der Industriestaatenorganisation OECD besteht die Mittelschicht aus den mittleren sechs Einkommenszehnteln. So technisch und vor allem breit dürfte die Regierung nicht rechnen. Aus ihren Vorhaben geht vor allem hervor, wo die Mittelschicht anfängt: Wer Einkommen versteuert, ist dabei.
Damit sind nicht alle einverstanden. Laut Opposition begünstigen die türkisblauen Maßnahmen zu sehr Besserverdiener, um als Entlastung der breiten Mitte durchzugehen.
Die Regierung betont hingegen, dass sie vor allem jenen zurückgeben kann, denen vorher genommen wurde. Das stimmt zweifellos. Aber es stellt sich die Frage: Zahlt die Mittelschicht überproportional in das System ein? Soll sie dringend entlastet werden?