Florence bringt „Wände aus Wasser“
Der Hurrikan Florence sorgt in den USA für Überflutungen unbekannten Ausmaßes. Zehntausende Menschen mussten in Notunterkünfte fliehen.
Es hört einfach nicht auf. Das Schlimmste ist der Dauerregen. Während sich der Hurrikan Florence, mittlerweile zu einem Tropentief herabgestuft, im Schneckentempo von der Atlantikküste weg aufs Appalachengebirge zubewegt, sind im Südosten der USA ganze Landstriche überflutet. Nicht nur am Ufer des Ozeans, sondern auch tief im Hinterland. Es sind Bilder, die an den Wirbelsturm Harvey denken lassen, der im August vor einem Jahr die texanische Millionenstadt Houston unter Wasser setzte. Nur dass es diesmal keine Metropole trifft, sondern die Südstaatenprovinz mit ihrem dichten Netz an Flüssen und Bächen.
Im Küstenort Swansboro nordöstlich von Wilmington fielen seit Freitag fast 80 Zentimeter Regen, etwa die Hälfte dessen, was dort in einem Durchschnittsjahr gemessen wird. Auch weit im Landesinneren drohen verheerende Überschwemmungen.
„Wir haben es buchstäblich mit Wänden aus Wasser zu tun“, skiz- ziert Roy Cooper, der Gouverneur des US-Bundesstaats North Carolina, die Lage. Florence lade „epische“Regenfälle ab, sodass selbst Gegenden, in denen man normalerweise kein Überflutungsrisiko kenne, plötzlich gefährdet seien.
Niederschläge bis Montag
Als der Sturm die Küste North Carolinas erreichte, fielen die Windschäden zunächst geringer aus, als manche befürchtet hatten. Aber da sich das Tief mit der Geschwindigkeit eines Fußgängers bewegt, verwandelt es weite Gebiete mit rekordverdächtigen Niederschlägen in Seenlandschaften. Experten rechnen damit, dass der Niederschlag erst am Montag nachlässt.
Katastrophenschützer mussten ausrücken, um Menschen aus überfluteten Häusern zu retten. Allein in New Bern am Zusammenfluss von Trent River und Neuse River wurden rund 400 Eingeschlossene auf Booten in Sicherheit gebracht. Da vielerorts Stromleitungen herabgerissen wurden, mussten mit Stand vom Sonntag nahezu achthunderttausend Haushalte ohne Elektrizität auskommen. Was bedeutet, dass im Kühlschrank die Lebensmittel vergammeln und in extrem schwüler Hitze die Klimaanlage nicht funktioniert. Laut Behörden harren allein in North Carolina mindestens zwanzigtausend Menschen in Notunterkünften aus.
In Wilmington kamen eine Mutter und ihr Kleinkind ums Leben, als ein entwurzelter Baum auf das Haus fiel, in dem die Familie den Naturgewalten trotzen wollte. Der Vater des Kindes überlebte. In einem Landkreis in South Carolina wurde eine 61-jährige Frau getötet: Auf einer Landstraße unterwegs fuhr sie im Dunkeln gegen den Stamm einer umgestürzten Eiche. Ein Ehepaar starb, nachdem Funken, die aus lose in der Luft baumelnden Stromleitungen sprühten, einen Brand ausgelöst hatte. Ein Mann erlitt einen Stromschlag, während er versuchte, ein Notstromaggregat in Gang zu setzen. In einem Dorf namens Hampstead waren Rettungssanitäter alarmiert worden, nachdem eine Frau einen Herzinfarkt erlitten hatte. Jedoch versperrten umgestürzte Bäume den Zugang zu dem Haus, sodass die Helfer zu spät kamen, um noch Hilfe zu leisten. Insgesamt ist die Zahl der Toten auf mindestens 14 gestiegen.
Taifun wütet in Südostasien
Auf den Philippinen starben mindestens 100 Menschen vor allem im Norden des Landes, als der Taifun Mangkhut – bisher schlimmster Wirbelsturm des Jahres – über den Inselstaat zog. In der Stadt Itogon begrub ein Erdrutsch eine von mindestens 40 Bergwerksarbeitern und Angehörigen bewohnte Baracke. In China waren große Teile der Südküste sowie die Millionenmetropole Hongkong betroffen. Wassermassen überfluteten Straßen, Wind riss Bäume, Masten und Baugerüste um. Hunderte Flüge wurden gestrichen, zehntausende Menschen in Sicherheit gebracht. Vielerorts fiel der Strom aus.