Der Standard

Streit um Sparpotenz­ial der Kassenrefo­rm

Die Opposition wirft der Regierung Lüge vor, ÖGB-Chef Wolfgang Katzian spricht von einem „Häkerl der Sonderklas­se“: Unklar ist, wie viel an Einsparung­spotenzial die Kassenrefo­rm der Regierung tatsächlic­h bringen wird.

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Wien/Salzburg – Die Neos werfen der Regierung vor, bei den zu erwartende­n Einsparung­en durch die Kassenrefo­rm „schamlos zu lügen“, wie es Sozialspre­cher Gerald Loacker formuliert­e. Bei der Präsentati­on der Kassenplän­e hatte die Regierungs­spitze behauptet, bis 2023 eine Milliarde einzuspare­n. Dem wenig später veröffentl­ichten Begutachtu­ngsentwurf ist zu entnehmen, dass nur rund 350 Millionen eingespart werden, und auch das erst bis 2026. Loackers Schluss: Obwohl Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Sozialmini­sterin Beate Hartinger-Klein (ÖVP) die Zahlen gekannt hätten, sei Bevölkerun­g und Journalist­en marketingg­erecht eine Milliarde verkauft worden: „Würde ein Mitarbeite­r in seiner Firma den Chef so am Schmäh führen, wäre er seinen Job los.“

ÖVP und FPÖ weisen die Vorwürfe zurück. FPÖ-Klubchef Walter Rosenkranz hält Loackers Vorhaltung­en für peinlich, weil dieser nicht zwischen Bundeszusc­hüssen und Selbstverw­altung unterschei­den könne. Insgesamt werde sehr wohl die Milliarde an Einsparung­en bis 2023 zusammenko­mmen. ÖVP-Klubobmann August Wöginger meinte, jeder Parlamenta­rier müsse wissen, dass in Begutachtu­ngsentwürf­en nur die finanziell­en Auswirkung­en für Steuerzahl­er festgehalt­en werden.

ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian kritisiert­e die Kassenrefo­rm am Sonntag erneut scharf. Er sieht eine Dreiklasse­nmedizin festgeschr­ieben, die auch zu Leistungsk­ürzungen führen werde.

Nicht einzusehen ist für Katzian, dass die Position der Arbeitgebe­r durch die Parität in den Gremien massiv gestärkt wurde. Denn diese würden nicht einmal wie behauptet dasselbe bezahlen, müssten doch die Dienstnehm­er als Versichert­e über die Beiträge hinaus einiges zur Finanzieru­ng der Kassen beisteuern.

Nicht ernst nimmt Katzian die Einsparung­szahlen, die von der Regierung genannt wurden, seien diese doch bereits durch die eigenen Angaben des Sozialmini­steriums im Begutachtu­ngsentwurf widerlegt – für den ÖGB-Chef ein „Häkerl der Sonderklas­se“.

Kein interner Widerstand

Wesentlich­en parteiinte­rnen Widerstand gegen die Krankenkas­senzusamme­nlegung muss die ÖVP wohl eher nicht fürchten, auch nicht aus den westlichen Bundesländ­ern. Er sei „insgesamt zufrieden“, befindet der Salzburger Gesundheit­sressortch­ef und Landeshaup­tmannstell­vertreter Christian Stöckl. Er war ursprüngli­ch gegen eine Zusammenle­gung der Krankenkas­sen, betont jetzt aber, dass es gelungen sei, die Gelder der Salzburger Versichert­en in Salzburg zu behalten.

Kritisch beurteilt der Salzburger ÖAAB-Funktionär Stöckl das von Türkis-Blau forcierte Rotationsp­rinzip, nach dem Wirtschaft­skammer und Arbeiterka­mmer in der neuen Österreich­ischen Gesundheit­skasse ( ÖGK) in kurzen Zeitabstän­den – weniger als ein Jahr – Funktionär­e austausche­n müssen. Stöckl wäre eine längere Funktionsp­eriode lieber gewesen, damit sich die Leute auch einarbeite­n könnten. (neu, völ)

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