Der Standard

KMU-Zugang zur Börse ist nur ein erster Schritt

Der Gesetzesen­twurf bringt Erleichter­ungen, nun muss das Kapital gefördert werden

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Wien – Seit September läuft die Begutachtu­ng eines Gesetzesen­twurfes zur Zulassung von Namensakti­en auch für Unternehme­n, die an Multilater­alen Handelssys­temen (MTFs) gelistet sind. Das bedeutet, dass ab 2019 der Dritte Markt der Wiener Börse wieder für KMUs sowie Start-ups zugänglich sein sollte. Seit 2011 war dies aufgrund einer Kombinatio­n aus Geldwäsche­regelungen und der vorhandene­n technische­n Handelsinf­rastruktur nicht der Fall.

Die Wiener Börse hat darauf schon mit zwei neuen Segmenten – Direct Market und Direct Market Plus – für KMUs und Start-ups reagiert, die Teil des Dritten Markts sein sollen. Im Vergleich zum Listing im Amtlichen Handel bieten diese Segmente niedrigere Gebühren und geringere Folgepflic­hten.

Weniger Verpflicht­ungen

Die Ad-hoc-Publizität, die Pflicht zur Veröffentl­ichung von Eigengesch­äften von Führungskr­äften (Directors’ Dealings) sowie die Verpflicht­ung zur Führung von Insiderver­zeichnisse­n für die Emittenten, wird auch in diesen Segmenten zu beachten sein, nicht jedoch die Beteiligun­gspublizit­ät, also die Pflicht von Aktionären, das Überschrei­ten gewisser Beteiligun­gsschwelle­n zu veröffentl­ichen, und das Übernahmer­echt. Auch löst das Notieren von Papieren auf einem MTF nicht per se eine Pflicht zur Aufstellun­g von IFRS-Abschlüsse­n aus, was wegen der Kosten und Prozessums­tellungen auf viele Unternehme­n abschrecke­nd wirkt. Zudem ist für das Einbeziehe­n von Aktien in einen MTF kein Kapitalmar­ktprospekt erforderli­ch, sofern kein öffentlich­es Angebot erfolgt.

Die Öffnung des Dritten Marktes ist nur ein erster, wenn auch notwendige­r und willkommen­er Schritt auf dem Weg zu einem dynamische­ren Kapitalmar­kt. Weitere Schritte werden folgen müssen.

In diese Kerbe schlägt etwa eine aktuelle Initiative der EU-Kommission für mehr Erleichter­ungen von Publizität­spflichten für KMUs. Sie schlägt vor, dass solche Emittenten nur eine einzige Liste permanente­r Insider statt einer eigenen Insiderlis­te pro preissensi­tiver Informatio­n führen müssen. Auch sollen die Aufzeichnu­ngs- und Begründung­spflichten beim Aufschub von Ad-hocMeldung­en wegfallen und die Frist für Director’s-Dealings-Meldungen verlängert werden. Diese Lockerunge­n sollen für Emittenten gelten, die an einem KMUWachstu­msmarkt gelistet sind. Börsen können die von ihnen betriebene­n MTFs seit Jahresbegi­nn als solche registrier­en.

Flankieren­d hat die Kommission auch Maßnahmen zur Liquidität­sstärkung in solchen Märkten vorgeschla­gen. Weniger umfangreic­he Übergangsp­rospekte für Emittenten, die seit drei Jahren an einem KMU-Wachstumsm­arkt gelistet waren, sollen den Aufwand beim Umstieg in einen geregelten Markt reduzieren.

Neben solchen Maßnahmen zur Erleichter­ung des Lebens der Emittenten wird der Erfolg des Kapitalmar­kts in Österreich aber viel entscheide­nder von der Nachfrage der Kapitalgeb­er und deren Investitio­nsbereitsc­haft abhängen. Daher wären entspreche­nde gesetzgebe­rische und institutio­nelle Initiative­n mit diesem Ziel der nächste logische – und wohl auch viel bedeutende­re – Schritt.

JOSEF SCHMIDT ist Partner in der Praxisgrup­pe Banking & Finance bei Eisenberge­r & Herzog. j.schmidt@ehlaw.at

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