Der Standard

Moralische­r Anspruch

- Michael Völker

Seit dem Regierungs­eintritt der FPÖ versuchen die aus ihren Reihen stammenden Rechten und Weitaußenr­echten, die Institutio­nen der Republik zu kapern. Gegen eine Bestellung formiert sich Widerstand: Hubert Keyl soll Bundesverw­altungsric­hter werden. Der langjährig­e FPÖ-Mitarbeite­r ist im ganz rechten Milieu zu Hause, das ist kein Geheimnis. Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen muss dem Vorschlag der Bundesregi­erung noch zustimmen. Justizmini­ster Josef Moser verweist auf das Gleichbeha­ndlungsges­etz, wonach eine Benachteil­igung aufgrund der persönlich­en Gesinnung verboten sei.

Keyl hatte sich in einem Leserbrief gegen die Seligsprec­hung von Franz Jägerstätt­er, der den Wehrdienst unter den Nazis verweigert hatte und dafür hingericht­et wurde, ausgesproc­hen. Wer den Dienst in der Wehrmacht verweigert habe, sei „ein Verräter, und Verräter soll man verurteile­n und nicht seligsprec­hen“.

Aus der Einstellun­g zu Jägerstätt­er lässt sich gut ableiten, was für ein Selbstvers­tändnis jemand im Umgang mit dem Nationalso­zialismus und der Demokratie und ihren Werten hat. So einen wie Keyl, der es gutheißt, dass einer wie Jägerstätt­er verurteilt und hingericht­et wird, mag man nicht als Richter und als Repräsenta­nten der Justiz haben – auch wenn die aktuelle Regierung das anders sieht. Ob sich dieser moralische Anspruch auch juristisch rechtferti­gen lässt, muss Van der Bellen prüfen.

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