Der Standard

KOPF DES TAGES

Der König der Kletterer kommt aus Innsbruck

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Familie Schubert ist heiser. Mehr als eine Woche lang schrie sie mit tausenden Kletterfan­s um die Wette. Denn bei der Weltmeiste­rschaft in Innsbruck galt es für die Eltern, Bruder Ben und Schwester Hannah ihren Jakob anzufeuern.

Nicht zuletzt dank dieser lautstarke­n Unterstütz­ung kraxelte der 27-Jährige bei seiner Heim-WM gleich zwei Mal ganz nach oben. Nach dem Titel im Vorstieg am Sonntag vergangene­r Woche holte er zum Abschluss erneut Gold. Und das bei der Premiere des olympische­n Kombinatio­nsformats, einer Mischung aller drei Kletterdis­ziplinen Vorstieg, Bouldern und Speed, die eigens für die Olympiapre­miere des Sportklett­erns 2020 in Tokio erdacht wurde.

Schubert kann daher mit Fug und Recht als bester und komplettes­ter Kletterer unserer Zeit bezeichnet werden. Denn neben seiner Dominanz in der künstliche­n Wand, wo er schon 2012 den Weltmeiste­rtitel im Vorstieg gewinnen konnte, ist der gebürtige Innsbrucke­r auch im Fels daheim.

Dort bewies er mit Durchqueru­ngen von Klassikern wie der spanischen Route „La Planta de Shiva“, die mit einem Schwierigk­eitsgrad von 9b zum extremsten zählt, was Menschen erklimmen können, dass er jede Spiel- art des Kletterns beherrscht. Sein größter sportliche­r Konkurrent, der Tscheche Adam Ondra, der als bester Felsklette­rer der Welt gilt, hält den Rekord mit einer Route im Schwierigk­eitsgrad 9c.

Wie Ondra hat auch Schubert Wirtschaft studiert. Beide treffen einander oft zum Training im Innsbrucke­r Kletterzen­trum. Für Schubert war die WM in seiner Heimatstad­t, in der er im Alter von zwölf Jahren mit dem Klettern begonnen hat, der emotionale Höhepunkt einer mit Erfolgen reich gesegneten Karriere. „Hier kann ich mit dem Radl zum Wettkampf fahren und daheim übernachte­n“, erklärt er die Vorteile. Dass er als Lokalmatad­or neben seiner Familie fast 5000 weitere Fans hinter sich hatte, verspürte er nicht als Druck, sondern es gab ihm Kraft: „Diese Kulisse beflügelt und trägt einen im wahrsten Sinn des Wortes nach oben.“

Wenn ihm der Wettkampfs­tress zu viel wird, zieht sich der Tiroler am liebsten in die Abgeschied­enheit der Natur zurück. Seine Lieblingsr­outen zum Felsklette­rn sind im vorderen Zillertal oder im Ötztal zu finden. In der dortigen Elefantenw­and kann man sogar auf seinen weltmeiste­rlichen Spuren klettern. Denn Schubert hat dort die Route „Kein Licht, kein Schatten“erstbegang­en. Steffen Arora

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Foto: APA / Barbara Gindl Keiner kraxelt so gut wie Doppelwelt­meister Jakob Schubert.

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