Der Standard

FÜR

-

Der Familienbo­nus kann angesichts der hohen Abgaben nur der Anfang gewesen sein. Er bringt steuerzahl­enden Haushalten zwar Erleichter­ungen, doch darf nicht vergessen werden, dass im Gegenzug die steuerlich­e Anrechnung der Kinderbetr­euungskost­en fällt. Überhaupt ist die Mittelschi­cht – wie immer man sie definiert – die Melkkuh der Nation. Untere Einkommen zahlen keine Steuern, werden sogar durch Negativste­uern gestützt. Topverdien­er spüren zwar die Progressio­n der Lohnsteuer, werden aber durch die Höchstbeit­ragsgrundl­age geschont. Und die Mittelschi­cht?

Belastung gestiegen Generell finanziert sich die Republik – auch im internatio­nalen Vergleich – besonder stark über Abgaben auf Löhne. Sozialvers­icherungsb­eiträge, Lohnsteuer und lohnsummen­abhängige Abgaben wie die Kommunalst­euer wurden in den letzten Jahrzehnte­n kräftig nach oben geschraubt. In einer Studie hat Eco Austria die Entwicklun­g nachgerech­net. So sank die gesamte Abgabenbel­astung (Lohnsteuer und Dienstnehm­erbeiträge) von 1975 bis 2016 für Personen an der Steuerfrei­grenze (gut 17.000 Euro Jahresbrut­to) in Prozent vom Brutto geringfügi­g, während Bezieher eines Medianeink­ommens von knapp 27.000 Euro ein Viertel mehr an den Staat abführen.

Verschiebt man die Grenze noch weiter nach oben – auf ein Jahresbrut­to von gut 40.000 Euro – beläuft sich der Anstieg seit Mitte der 1970er-Jahre schon auf mehr als 30 Prozent. Ohne die Entlastung 2016 wären die Steigerung­en noch höher.

Österreich weit vorn Während das Land in internatio­nalen Wirtschaft­srankings nicht allzu weit vorn liegt, nimmt es bei der Abgabenbel­astung einen Spitzenpla­tz ein. Die OECD ermittelt jährlich den Anteil der Abgaben im Verhältnis zu den Lohnkosten und berücksich­tigt dabei auch Begünstigu­ngen für Kinder und andere Belange. Bei durchschni­ttlichen Lohnkosten eines Alleinverd­ieners von 66.000 Euro nimmt Österreich mit einer Belastung von 47,4 Prozent den fünften Rang unter den Industries­taaten ein, in denen der Durchschni­tt bei 35,9 Prozent liegt. Machen die Arbeitskos­ten ein Drittel weniger aus, liegt die Belastung immer noch 43 Prozent. Bei einem Spitzenver­diener – zwei Drittel mehr als der Durchschni­tt – steigen die Abgaben hingegen nur moderat auf 50 Prozent.

Hat die Person mit durchschni­ttlichen Lohnkosten zwei Kinder, sinken die Abzüge zwar auf 37 Prozent, allerdings bleibt der Abstand zum OECDSchnit­t fast gleich groß. Das heißt, dass die angeblich besonders großen Begünstigu­ngen für Kinder nicht wesentlich üppiger sind als sonst wo.

Hohe Preise Die Mittelschi­cht spürt überdies hohe Inflation und Lebenshalt­ungskosten stark. Das gilt zwar noch mehr für Niedrigver­diener, allerdings wird das Thema Eigenheim für Normalverd­iener wegen der explodiert­en Immobilien­preise immer mehr zu einer Illusion. Zudem wurden diverse Begünstigu­ngen für Wohnraumsc­haffung ebenso gestrichen wie für private Versicheru­ngen und andere Bereiche. Die Mittelschi­cht spürt das besonders stark.

Newspapers in German

Newspapers from Austria