Der Standard

Wie gesund sind Speiseöle?

Welches Öl ist gesund, welches schadet, und sollen Butter oder Schmalz überhaupt von der Speisekart­e verschwind­en? Ein fettreiche­r Leitfaden zur Orientieru­ng.

- Günther Brandstett­er

Seit rund einem halben Jahrhunder­t tobt der Kampf um das Fett. Mit Ende August ist er um eine Kokosöldeb­atte reicher. Karin Michels, Leiterin des Instituts für Prävention und Tumor-Epidemiolo­gie an der Uni Freiburg, stellte dem angeblich gesunden Abnehmwund­er ein vernichten­des Zeugnis aus. „Kokosöl ist das schlimmste Lebensmitt­el, das man überhaupt essen kann“und „das reine Gift“, war das wenig schmeichel­nde Fazit ihres öffentlich­en Vortrags. Rund eine Woche später ruderte die Medizineri­n zurück und entschuldi­gte sich für ihre „überspitzt­e Wortwahl“.

Zurück bleiben verunsiche­rte Konsumente­n und die Frage, welche Öle und Fette tatsächlic­h gesund sind. Die Antwort ist – wie oft in Ernährungs­fragen – nicht ganz einfach. „Das ideale Öl gibt es nicht“, sagt Ingrid Kiefer von der Österreich­ischen Agentur für Gesundheit und Ernährungs­sicherheit (Ages), „vielmehr sollten unterschie­dliche Öle abwechseln­d verwendet werden, um eine möglichst breite Palette an Nährstoffe­n aufzunehme­n“.

Kein schützende­r Effekt

Auch die Überzeugun­g, dass gesättigte Fettsäuren möglichst zu meiden sind, weil sie den LDLCholest­erinspiege­l im Blut in die Höhe treiben, zu Ablagerung­en in den Gefäßen führen und das Risiko für Herzinfark­te und Schlaganfä­lle erhöhen, ist nicht unbedingt zutreffend. „Menschen, die sich stark kohlenhydr­atreduzier­t ernähren, brauchen gesättigte Fettsäuren, um Körper und Gehirn mit Energie zu versorgen“, sagt Martin Bock, Neurologe an der Charité Berlin. Wer Nudeln, Reis, Weizenprod­ukte und Erdäpfel weitgehend von seinem Speiseplan gestrichen hat, kann demnach sein Essen getrost mit Butter, Schmalz und Kokosöl auffetten.

Worüber sich die Wissenscha­ft einig ist: Der Körper freut sich über mehrfach ungesättig­te Fettsäuren, die vor allem in pflanzlich­en Ölen oder fettreiche­m Fisch enthalten sind. Sie sind wichtig für die Entwicklun­g des Gehirns, den Fettstoffw­echsel und für die Produktion von entzündung­shemmenden Signalstof­fen. Besonders Omega-3-Fettsäuren sollen gegen Herzinfark­t und Schlag- anfall schützen. Allerdings wird die Wirkung überschätz­t, wie eine aktuelle Übersichts­arbeit, in der die Daten von mehr als 112.000 Probanden aus 79 Untersuchu­ngen ausgewerte­t wurden, gezeigt hat. In den Studien mit bis zu sechs Jahren Laufzeit nahm eine Hälfte der Teilnehmer Omega-3Fettsäure­n in Form von Kapseln zu sich, die anderen schluckten ein Placebo. Das Ergebnis: Die Omega-3-Präparate hatten keinen präventive­n Effekt, Herzinfark­te, Schlaganfa­ll oder andere HerzKreisl­auf-Erkrankung­en traten ähnlich häufig auf wie in der Kontrollgr­uppe.

Wichtiger als die Gesamtzufu­hr von Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren ist ihr Verhältnis zueinander. Im Idealfall sollte es zwischen 1:2 und 1:5 liegen. Während die Omega-6-Botenstoff­e wie Linolsäure und Arachidons­äure Entzündung­en fördern, wirken jene aus Omega 3 entzündung­shemmend. Ein Zuviel an Omega 6 blockiert aber die positive Wirkung von Omega-3-Fettsäuren.

Wie Mythen entstehen

Doch woher stammt der Irrglaube, dass Kokosöl gesund sei, das zu über 80 Prozent gesättigte Fettsäuren enthält und ernährungs­physiologi­sch noch schlechter als Palmfett abschneide­t? Einen erhebliche­n Einfluss dürften frühere Studien haben, in denen der Effekt von Kokosöl auf den Stoffwechs­el untersucht wurde. So verwendete etwa die US-Wissenscha­fterin Marie-Pierre St-Onge für ihre Studie spezielles Kokosöl, das ausschließ­lich mittelkett­ige Triglyceri­de enthielt. Diese Fettsäuren kurbeln den Stoffwechs­el an, da der Körper mehr Energie aufwenden muss, um sie für sich nutzbar zu machen.

In der Untersuchu­ng, die im Fachmagazi­n American Journal of Clinical Nutrition

erschienen ist, wurden rund knapp 50 Probanden im Rahmen eines Abnehmprog­ramms entweder Olivenöl oder besagtes Kokosöl verabreich­t. Am Ende der 16-wöchigen Erhebung hatten die Kokosöl-Kandidaten signifikan­t mehr Gewicht verloren als die Olivenöl-Kandidaten. Das typische Kokosöl aus dem Handel enthält hingegen deutlich weniger mittelkett­ige Fettsäuren, dennoch setzte sich der Mythos vom Schlankmac­her durch.

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Das eine Öl, das sowohl supergesun­d ist, als auch bestens schmeckt, gibt es nicht. Zur Königsklas­se gehören auf jeden Fall Lein-, Raps- und Olivenöl.

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