ZITAT DES TAGES
Soziale Insekten besitzen erstaunliche Fähigkeiten. Ein weiteres Beispiel für die kollektive Intelligenz von Honigbienen haben nun US-Wissenschafter entdeckt: Der Schwarm passt sich als Ganzes den Umweltbedingungen an.
„Der ORF hat einen gut trainierten Beharrungsmuskel. Jetzt ist es hoch an der Zeit, den Bewegungsmuskel zu trainieren.“
Die soziale Intelligenz der Honigbienen verblüfft immer wieder – und führte auch in der Wissenschaft mitunter zu ungläubigem Staunen. Als etwa der österreichische Zoologe Karl von Frisch mittels raffinierter Experimente zeigen konnte, dass die sozialen Insekten über komplexe Kommunikationscodes in Form von Tänzen verfügen, löste das auch skeptische Reaktionen aus, wie die US-Wissenschaftshistorikerin Tania Munz in ihrem gerade auf Deutsch erschienen Buch Der Tanz der Bienen (Czernin-Verlag) anschaulich rekonstruierte: Bis dahin galt es als ausgeschlossen, dass kleine, vermeintlich primitive Insekten zu einer eigenen „Sprache“fähig wären.
Martin Lindauer, ein Schüler Karl von Frischs, war es, der als Erster erkundete, auf welche komplizierte Weise Bienen neue Völker gründen, indem ein Schwarm eines bestehenden Volks auszieht und sich ein neues Zuhause sucht. Der Konsens des Schwarms über einen neuen Nistplatz geht auf eine komplexe demokratische Entscheidungsfindung zurück: Weist eine große Zahl von Kundschafterinnen auf denselben Ort, wird im Schwarm ein bis heute biochemisch nicht näher analysierter Schwellenwert oder Quorum überschritten – und damit ist der neue Nistplatz gefunden.
Solche Bienenschwärme formieren sich im Frühsommer, in der Regel am neunten Tag nach der Eiablage. Nachdem Tausende von Bienen den Stock verlassen haben, lässt sich der Schwarm bei der Suche nach einem neuen Quartier meist auf einem nahegelegenen Baum nieder und bildet dort einen nach unten zulaufenden Kegel (siehe Bild).
Wie nun ein interdisziplinäres Forscherteam um Orit Peleg (University of Colorado) herausfand, stellt sich der Schwarm höchst intelligent auf verschiedene Umweltbedingungen ein. Und dabei steht der kollektive Nutzen über dem Wohl der einzelnen Biene.
Für ihre im Fachblatt Nature Physics erschienene Studie brachten die Forscher Honigbienenschwärme im Labor dazu, sich an die Unterseite eines Bretts zu heften. Dann wurde dieses Brett horizontal geschüttelt, um ungünstigen Wind zu simulieren. Wie durch Zauberhand veränderten sich Form und Dichte des „Superorganismus“. Die Honigbienen organisierten sich bei starker Bewegung des Bretts nicht mehr in Form eines verkehrten Kegels an, sondern in einer flacheren und dadurch sehr viel stabileren Form.
Dabei bewegen sich die Bienen von selbst in Richtung der stärkeren Belastung (also näher ans Brett), was für das einzelne Insekt zwar deutlich unbequemer ist, den Schwarm aber insgesamt stärkt. Auf diese Weise führen also bloße physische Interaktionen der Bienen im Schwarm zur Maximierung seiner Stabilität.
Für die Forscher stellt dieses Verhalten eine Ergänzung zur duftgesteuerten Entscheidungsfindung der Bienen bei der Nistplatzsuche dar, die aufgrund der chemischen Signale auf Teile des Schwarms begrenzt ist. Bei der Schwarmstabilisierung hingegen komme eine Art von „emergenter Intelligenz“zur Anwendung – ganz ähnlich wie bei der Entstehung von Bewusstsein im Gehirn.