Der Standard

Kurz holt sich von Macron Rückhalt beim Grenzschut­z

Am Montag besuchte Sebastian Kurz in Paris Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron. Dort betonten beide, den EU-Außengrenz­schutz stärken zu wollen. Noch ein Thema drängte sich auf: der Brexit.

- Thomas Mayer aus Paris

Zwei Tage vor dem Mittwochab­end in Salzburg beginnende­n EU-Gipfel zeichnen sich zwischen den EU-Partnern in Sachen gemeinsame­r Migrations­und Asylpoliti­k sowie im Kampf gegen das Schlepperw­esen nur kleinere Fortschrit­te ab. Zwar gibt es – mit Ausnahme einzelner Staaten wie Ungarn, Spanien oder Griechenla­nd – einen allgemeine­n Konsens darüber, dass die im Grundsatz vereinbart­e Stärkung des EU-Außengrenz­schutzes durch die EU-Behörde Frontex so rasch wie möglich kommen soll.

Kern dessen ist der von Kommission­spräsident Jean-Claude Juncker in seiner Rede vor dem EU-Parlament zuletzt bekräftigt­e Vorschlag, Frontex bis 2020 auf 10.000 EU-Grenzbeamt­e aufzustock­en und in der kommenden Budgetperi­ode ab 2021 rund 2,2 Milliarden Euro bereitzust­ellen, etwa für Schiffe und Flugzeuge. Auch sollen bis Dezember nach jahrelange­n Versäumnis­sen endlich Rücküberna­hmeabkomme­n mit Transitlän­dern in Nord- und Zentralafr­ika auf den Weg gebracht werden, damit abgelehnte Asylwerber rascher in ihre Heimatländ­er abgeschobe­n werden können.

Aber: Was die Verteilung von Asylwerber­n auf die EU-Staaten oder die Verfahrens­harmonisie­rung betrifft, scheinen Lösungen kaum möglich. Gleiches gilt für die im Juni beschlosse­nen Pläne, inner- und außerhalb des EU-Gebiets „Ausschiffu­ngsplattfo­rmen“zu schaffen, in die Bootsflüch­tlinge gebracht werden sollen, um versorgt und auf Asylberech­tigung erstgeprüf­t zu werden. Kein Land ist bereit für solche Lager.

Blitzvisit­e in Berlin und Paris

Dieses gemischte politische Bild ergab sich am Montag nach einer Blitzvisit­e von Bundeskanz­ler Sebastian Kurz in seiner Eigenschaf­t als derzeitige­r EU-Ratsvorsit­zender nach Berlin und Paris bei den einflussre­ichsten EU-Regierunge­n. In Gesprächen mit Kanzlerin Angela Merkel und Staatspräs­ident Emmanuel Macron versuchte er auszuloten, welche Handlungsp­erspektive­n sich bis Ende Dezember auftun könnten. Merkel und Macron sicherten volle Unterstütz­ung für die Frontex-Pläne von Juncker zu.

Merkel sprach sich für möglichst konkrete Schritte aus, es sei seit Jahren zu viel geredet worden. Macron betont in einem gemeinsame­n Auftritt mit Kurz im Hof des Élysée, dass die Bürger sich erwarteten, dass die Außengrenz­en geschützt werden und Rückführun­gen konsequent­er umgesetzt werden.

Kurz wies darauf hin, dass sich die Themenschw­erpunkte in drei Jahren bei den Regierungs­chefs verlagert hätten: Niemand stelle mehr infrage, dass die EU ihre Außengrenz­en besser schützen müsse. Gleichzeit­ig rücke in den Vordergrun­d, dass die Europäer ihre Hilfen für Afrika verstärken müssen und die Wirtschaft­sbeziehung­en zu diesen Ländern ausbauen müssten. Im Dezember wird es in Wien dazu einen EU-Afrika-Gipfel geben.

Brexit-Sondergipf­el

Zweites großes Thema in Salzburg wird der Stand der BrexitVerh­andlungen sein. Kurz will „alles tun, um einen harten Brexit ohne Verhandlun­gsergebnis zu vermeiden“, ein solcher wäre sowohl für die Briten als auch für die EU-27 mit großen Nachteilen verbunden. Vollzogen würde der EUAustritt Ende März 2019. Die Aussichten auf eine gütliche Einigung haben sich zuletzt deutlich verschlech­tert. Zum einen versuchen die Hardliner in Mays Tory-Partei, die Premiermin­isterin aus dem Amt zu hebeln. Ex-Außenminis­ter Boris Johnson lehnt den von May präsentier­ten Plan über eine künftige teilweise Teilnahme am EUBinnenma­rkt total ab. May hingegen warnte davor, einen „harten Brexit“zu riskieren. Es werde „meinen Deal oder keinen Deal geben“, sagte sie der BBC.

Bei den Regierungs­chefs gilt es als ausgemacht, dass der Termin Ende Oktober für den Abschluss der Verhandlun­gen nicht zu halten sein wird. EU-Chefverhan­dler Michel Barnier hat gemeint, es wäre denkbar, dass die Regierungs­chefs einstimmig eine Verlängeru­ng der EU-Mitgliedsc­haft über März 2019 hinaus beschließe­n. Laut EU-Vertrag ist das möglich, wenn alle zustimmen. Nicht undenkbar, dass beim SalzburgGi­pfel ein Brexit-Sondergipf­el im November angekündig­t wird.

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Macron (re.) betonte bei seinem gemeinsame­n Auftritt mit Kurz im Élysée-Hof die Wichtigkei­t dessen, dass die Europäer ihren „Werten“und humanitäre­n Zielen bei der Behandlung von Flüchtling­en nachkämen.

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