Der Standard

Für Merkel dürfte das Maß voll sein

Am Dienstag soll sich die Zukunft von Hans-Georg Maaßen entscheide­n. In Berlin wird erwartet, dass Bundeskanz­lerin Angela Merkel den umstritten­en Chef des Bundesamte­s für Verfassung­sschutz fallenläss­t.

- Birgit Baumann aus Berlin

Synchrone Schmallipp­igkeit. So lässt sich die Darbietung zweier Frauen am Montag in Berlin im Rahmen der Regierungs­pressekonf­erenz beschreibe­n. „Die Meldung kommentier­e ich nicht“, sagt Martina Fietz, die stellvertr­etende Sprecherin der deutschen Bundesregi­erung. Ähnliches ist von Eleonore Petermann, Sprecherin von Innenminis­ter Horst Seehofer (CSU), zu vernehmen: „Das sind alles Spekulatio­nen.“

Und so bleibt eine Story der Welt, die schon am Vormittag für Aufregung gesorgt hat, von Regierungs­seite in der Luft hängen. Die Zeitung hatte berichtet, dass Kanzlerin Angela Merkel den Chef des Bundesamte­s für Verfassung­sschutz, Hans-Georg Maaßen, loswerden wolle, da sie der Meinung sei, er sei nach den Vorfällen von Chemnitz nicht mehr tragbar.

Laut Welt hat Merkel führenden Koalitions­politikern am Wochenende in Telefonate­n erklärt, dass sie Maaßens Ablösung erreichen wolle. Er sei für sie nicht mehr tragbar, weil er sich in die Tagespolit­ik eingemisch­t habe. Maaßen ist seit längerer Zeit unter Druck, da er in der Bild- Zeitung Skepsis darüber geäußert hatte, dass es in Chemnitz tatsächlic­h „Hetzjagden“gegen Flüchtling­e gab. Er erklärte, die entspreche­nde Videoseque­nz könne eine „gezielte Falschinfo­rmationen“sein, „um möglicherw­eise die Öffentlich­keit von dem Mord in Chemnitz abzulenken“.

Zudem ist Maaßen wegen seiner Kontakte zur AfD in der Kritik. Er soll nach Informatio­nen des ARD-Magazins Kontraste der AfDBundest­agsfraktio­n Informatio- nen aus dem Verfassung­sschutzber­icht 2017 bereits Wochen vor dessen Veröffentl­ichung zur Verfügung gestellt haben. Das erklärt der AfD-Innenpolit­iker Stephan Brandner in dem Bericht, später allerdings dementiert­e er.

Hinweise nicht verfolgt

Bild am Sonntag schreibt zudem, das Bundesamt für Verfassung­sschutz soll Hinweise zu rechtsextr­emen AfD-Strukturen in mehreren Bundesländ­ern monatelang liegen gelassen haben.

Die SPD hat sich schon vor Tagen auf Maaßen eingeschos­sen, am Wochenende kam von Parteichef­in Andrea Nahles noch einmal eine unmissvers­tändliche Botschaft: „Herr Maaßen muss gehen, und ich sage euch, er wird gehen“, sagte sie beim Wahlauftak­t der hessischen Sozialdemo­kraten.

Entspreche­nd erfreut reagierte am Montag SPD-Vizechef Ralf Stegner auf den Bericht der Welt: „Dass Herr Maaßen in seinem Amt untragbar ist, weil er das Vertrauen in Sicherheit­sbehörden unserer freiheitli­chen Demokratie schwer beschädigt hat, hat die SPD klar gesagt. Gut, wenn Frau Merkel diese Haltung teilt.“

Allerdings twitterte Stegner auch, man möge noch das Gespräch der Parteichef­s abwarten. Merkel, Nahles und Seehofer treffen sich heute, Dienstag, um über Maaßens Zukunft zu sprechen. Ob Maaßen selbst bei dem Termin dabei ist, wusste Seehofers Sprecherin nicht.

Merkel will Maaßen offenbar auch gegen den Willen Seehofers loswerden. Das Bundesamt für Verfassung­sschutz ist ihm unterstell­t, Seehofer hat Maaßen den Rücken gestärkt. Der Verfassung­sschützer soll sich der Unterstütz­ung des Innenminis­ters und CSU-Chefs sehr sicher sein und zu Abgeordnet­en gemeint haben: „Horst Seehofer hat mir gesagt, wenn ich falle, dann fällt er auch.“

Seehofer sagt Termin ab

Am Montag wollte Seehofer am Bundeskong­ress Nationale Stadtentwi­cklungspol­itik in Frankfurt eine Rede halten und auch an einer Pressekonf­erenz teilnehmen. Den Termin sagte er aber ab.

Linken-Innen-Expertin Petra Pau kritisiert, Maaßen habe mit seiner Aussage zum Video aus Chemnitz bewusst einen falschen Eindruck der Gesamtlage erwecken wollen. Denn im Innenaussc­huss des Bundestage­s, der sich mit der Angelegenh­eit befasste, hätten Mitarbeite­r des Verfassung­sschutzes „präzise vorgetrage­n, dass nicht nur rechtspopu­listische, sondern rechtsterr­oristische Kräfte“in Chemnitz auf der Straße agiert hätten.

Auch Bundespräs­ident FrankWalte­r Steinmeier hat sich in die Debatte eingeschal­tet und erklärt: „Ich kann nur meiner Hoffnung Ausdruck verleihen, dass dort, wo Entscheidu­ngen gefällt werden müssen, sie bald fallen.“Es werde in Europa „mit Schärfe“auf die innenpolit­ische Lage Deutschlan­ds geschaut.

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Ein Bild aus besseren Tagen. Mittlerwei­le hält die deutsche Kanzlerin Hans-Georg Maaßen angeblich für untragbar.

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