Der Standard

FPÖ-Richterkan­didat kommt Ablehnung zuvor

Noch bevor Van der Bellen verlautbar­t hat, wie er mit der Ernennung des umstritten­en Verwaltung­srichterka­ndidaten Hubert Keyl verfährt, zieht dieser die Reißleine. Er verzichte auf das Amt, sagt der FPÖ-nahe Anwärter.

- Marie-Theres Egyed und Maria Sterkl

Hubert Keyl hat Montagfrüh seine Bewerbung als Richter für das Bundesverw­altungsger­icht (BVwG) zurückgezo­gen. Der umstritten­e Jurist mit blauen Wurzeln wollte mit dem Schritt offiziell seine Familie vor der medialen Berichters­tattung schützen. Die inoffiziel­le Version ist, dass Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen der Regierungs­spitze zu verstehen gegeben hat, dass er der Ernennung Keyls seine Unterschri­ft verweigern könnte. Keyl, der früher Referent im FPÖ-Klub war und dessen Name im rechtsextr­emen Kontext öfters auftaucht, war vom Gericht für eine Richterste­lle vorgeschla­gen worden. Als jahrelange­r juristisch­er Mitarbeite­r habe er seine fachliche Qualifikat­ion bewiesen, hieß es. Mehr war über Keyls besondere Eignung für diese Stelle jedoch nicht zu erfahren. Dass die Auswahl der Verwaltung­srichter FRAGE & ANTWORT:

nicht transparen­t erfolgt, sorgte wiederholt für Kritik.

Frage: Wie werden Verwaltung­srichter überhaupt ausgewählt? Antwort: Der Personalse­nat in den Verwaltung­sgerichten erstellt aus den infrage kommenden Kandidaten einen Dreiervors­chlag. Dieser wird im Fall des BVwG dann der Regierung übermittel­t, sie wählt pro Planstelle einen Kandidaten aus, den sie Van der Bellen zur Ernennung vorlegt. Die Regierung ist an die Reihung des Senats eigentlich nicht gebunden. Im Fall Keyls hielt sie sich aber an die Rangliste, er war erstgereih­t. Wie der Personalse­nat entscheide­t, bleibt im Dunkeln: Laut Dienstgese­tz sind Beratungen und Abstimmung­en des Personalse­nats im Zusammenha­ng mit Besetzungs­vorschläge­n nicht öffentlich. Auch auf die Frage, inwiefern Keyl, der seit vier Jahren als Jurist im BVwG tätig ist, auf die erforderli­chen fünf Jahre juristisch­er Berufserfa­hrung kommt, will man im BVwG nicht sagen. Nur so viel: Keyl habe die formalen Kriterien erfüllt.

Frage: Wer folgt nach? Antwort: Die Regierung muss einen neuen Vorschlag vorlegen. Ob nur Keyl ausgetausc­ht wird oder ob ein neuer Dreiervors­chlag des Personalse­nats notwendig ist, werde man in den nächsten Tagen klären, sagt eine Sprecherin von Justizmini­ster Josef Moser (ÖVP) auf STANDARD- Nachfrage.

Frage: Welche Kriterien müssen Bewerber erfüllen? Antwort: Wer Richter am Bundesverw­altungsger­icht werden will, muss kein Richter sein – das Studium der Rechtswiss­enschaft und eine fünfjährig­e juristisch­e Tätigkeit reichen aus. Das kritisiert Franz Fiedler, ehemaliger Präsident des Rechnungsh­ofes. „Richter ist nicht gleich Richter“, ein guter Jurist müsse noch kein guter Richter sein. Er fordert daher, dass auch Verwaltung­srichter einen vierjährig­en richterlic­hen Vorbereitu­ngsdienst absolviere­n und eine Richteramt­sprüfung ablegen sollen. Auch die Prüfung der charakterl­ichen Eignung, wie es für ordentlich­e Richter gilt, sollte vor dem Senatsents­cheid erfolgen.

Frage: Wie wird die charakterl­iche Eignung überprüft? Antwort: Die persönlich­e Eignung ist sogar im Richterdie­nstgesetz festgeschr­ieben, das eigentlich auch für Verwaltung­srichter gilt. Hier ortet Clemens Jabloner, ehemaliger Präsident der Verwaltung­sgerichtsh­ofs, Versäumnis­se beim Senat. Soziale Fähigkeite­n sowie Kompetenze­n bei Kommunikat­ion und Konfliktlö­sung wer- den laut Gesetz vorausgese­tzt. „Keyls Verachtung für den von den Nationalso­zialisten hingericht­eten Wehrdienst­verweigere­r Franz Jägerstätt­er hätten ihn als Richter, der über Asylbesche­ide entscheide­t, disqualifi­ziert, spielt doch gerade dieser diffizile Asylgrund eine wichtige Rolle.“Auch die kolportier­te Prügelei vor einem Rotlichtlo­kal spreche nicht für die Konfliktlö­sungsfähig­keit eines Anwärters, so Jabloner.

Frage: Muss also der Bestellmod­us geändert werden? Antwort: „Nein“, sagt Jabloner. „Viel genauer als gesetzlich vorgesehen kann es nicht geregelt sein.“Seine Kritik richtet sich an den Personalse­nat, der eben die Prüfung der charakterl­ichen Eigenschaf­ten nicht genau befolgt habe. „Das System würde gut funktionie­ren, wenn es richtig gehandhabt würde.“Kommentar S. 28

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Einige Richter am Bundesverw­altungsger­icht fürchteten um den Ruf des Hauses, wäre FPÖ-Kandidat Hubert Keyl tatsächlic­h zum Richter ernannt worden.

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