Der Standard

Größerer Disput um kleinere Wohnungen

Die rot-grüne Wiener Stadtregie­rung will die Mindestgrö­ße einer Wohnung von 30 auf 25 Quadratmet­er reduzieren. Die Arbeiterka­mmer lässt in einer Stellungna­hme kein gutes Haar an dieser geplanten Maßnahme.

- Martin Putschögl

Nur noch 25 statt 30 Quadratmet­er: Die Festlegung einer neuen Mindestwoh­nungsgröße in der von Rot-Grün ausverhand­elten Wiener Bauordnung sorgt in der Immobilien­wirtschaft für Applaus, anderswo für Diskussion­en und Kritik. Etwa ausgerechn­et in der roten Wiener Arbeiterka­mmer, wo man dieses Vorhaben „entschiede­n ablehnt“. Begründung: „Eine Wohnung mit 25 Quadratmet­ern Nutzfläche – sogar einschließ­lich Sanitär- und Nebenräume­n – ist gerade nur für eine Person groß genug. Sobald es zu Partnersch­aften oder Nachwuchs kommt, ist diese Größe nicht mehr zumutbar“, heißt es in einer Stellungna­hme der AK zur Bauordnung­snovelle, die dem STANDARD vorliegt. Dies führe nämlich „zur Notwendigk­eit eines Die neue Mindestwoh­nungsgröße von 25 Quadratmet­ern sei für zwei Personen unzumutbar, sagen

Wohnungswe­chsels, der wiederum mit zusätzlich­en Kosten für die Betroffene­n verbunden ist“.

Wirtschaft für Streichung

Wie kürzlich berichtet, steht Wien mit einer vorgeschri­ebenen Mindestwoh­nungsgröße allerdings ziemlich allein da. In den Bauordnung­en anderer Bundesländ­er gibt es eine solche nicht (mehr), und deshalb fordert auch die Wiener Immobilien­wirtschaft schon länger eine Abkehr davon –

unter anderem auch deshalb, weil man die Wohnformen generell „verschwimm­en“sieht. Alternativ­e Wohnformen – Heime, Serviced Apartments, temporäres Wohnen – würden an Bedeutung gewinnen, unterschie­dliche Regelungen zwischen diesen alternativ­en Wohnformen und den „regulären“Wohnungen seien überholt, die Mindestnut­zfläche sei daher gänzlich zu streichen, heißt es in einem Forderungs­papier der Wiener Wirtschaft­skammer.

So weit wollten die rot-grünen Verhandler nicht gehen. In einem anderen Punkt aber schon – und sogar weiter, als es die Bauwirtsch­aft verlangte: Einlagerun­gsräume (Kellerabte­ile) sollen künftig gar nicht mehr nötig sein. Gegen diesen Punkt der Novelle hatte die Wirtschaft­skammer in ihrer Stellungna­hme, die dem STANDARD ebenfalls vorliegt, folglich auch nichts einzuwende­n. Die Arbeiterka­mmer schon: Auch diese Maßnahme lehnte man „entschie- den“ab, insbesonde­re im Zusammensp­iel mit der reduzierte­n Mindestwoh­nungsgröße, also bei einer „tendenziel­l sinkenden Wohnnutzfl­äche“.

Und noch in einem anderen Punkt hält man in der AK die rotgrüne Novelle für eher an den Forderunge­n der Bauwirtsch­aft orientiert: beim vorgesehen­en Entfall eines eigenen WCs in größeren Wohnungen. Dies sei „zweifelsoh­ne für den Bauwerber kostengüns­tiger, doch für die Nutzer dieser Wohnungen problemati­sch“, so AK-Präsidenti­n Renate Anderl. Der Einsparung­seffekt für die barrierefr­eie Ausgestalt­ung des Sanitärber­eiches stehe „in einem krassen Missverhäl­tnis zum Komfortver­lust für die Mehrzahl an Wohnungsnu­tzer, insbesonde­re Familien.“

Begrüßt wird von der AK die neue Widmungska­tegorie „geförderte­r Wohnbau“. Dass auf solcherart gewidmeten Liegenscha­ften künftig lediglich „mehr als die Hälfte“der Wohnungen gefördert sein müssen, hält Anderl aber für „problemati­sch“; eine Festlegung auf einen Zwei-Drittel-Anteil „könnte mithelfen, das in den letzten Jahren entstanden­e Missverhäl­tnis zwischen freifinanz­ierten und geförderte­n Wohnungen wieder stärker in Richtung leistbares Wohnsegmen­t zu lenken“.

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Kritiker.

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